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BetDenkzettel

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BetDenkzettel sind kurze Bet- und Denkanstöße von Fra' Georg Lengerke - in der Regel zu einem Wort aus den Schriftlesungen der Liturgie vom Tag
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Top 10 BetDenkzettel Episodes

Goodpods has curated a list of the 10 best BetDenkzettel episodes, ranked by the number of listens and likes each episode have garnered from our listeners. If you are listening to BetDenkzettel for the first time, there's no better place to start than with one of these standout episodes. If you are a fan of the show, vote for your favorite BetDenkzettel episode by adding your comments to the episode page.

BetDenkzettel - Morgen vielleicht Lk 9,51-62
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06/26/22 • 3 min

Einer meiner Kommilitonen im Jura-Studium hatte über seinem Schreibtisch eine Postkarte hängen: „Morgen vielleicht fange ich an.“

Es gibt mehrere Gründe, warum ich etwas verschiebe. Entweder stelle ich mich nicht der Herausforderung oder der Mühe – oder anderes ist wichtiger oder behauptet es zu sein. Meistens ist es eine Mischung von beidem. Das heutige Evangelium handelt von der Frage, was das Erste ist, auf das es ankommt.

Die erste Reaktion der Brüder Johannes und Jakobus auf die Ablehnung Jesu in einem samaritischen Dorf ist der Gedanke an Vernichtung. „Sollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie verzehrt?“

Würden die ersten gedanklichen Reaktionen mancher Menschen auf Kränkung oder Ablehnung wahr, gäbe es hinter ihnen vermutlich eine Spur von Toten. Jesus weist die beiden zurecht und geht weiter. Als wollte er sagen: Warten wir‘s ab. Noch ist nicht aller Tage Abend.

Ein Mann sagt Jesus, er wolle ihm hier und jetzt folgen, wohin immer er ginge. Offenbar stellt er sich vor, im Hause Jesu untergebracht zu werden. Jedenfalls muss Jesus ihn korrigieren: Selbst Füchse und Vögel haben ihren Ort – der Menschensohn nicht. Es wird sehr anders sein, als Du denkst.

Dann wird von zweien erzählt, die Jesus zwar folgen wollen, aber vermeintlich Erstwichtiges „zuerst“ erledigen wollen.

Das Begraben des Vaters ist heilige Pflicht. Doch schärfer könnte die Reaktion Jesu kaum sein: „Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes!“ Das ist unerhört und grausam, dass hier einer sein Wort über die heilige Pflicht stellt.

Aber das Gehen und Leben mit Jesus ist nicht die Alternative zu diesem Recht oder jener Pflicht. Es ist die Weise, wie dieses und jenes und alles seine Richtung, seine Bestimmung, seinen Sinn bekommt. Mit Jesus wäre die Beerdigung eine andere geworden. Lebendig tot sind in Jesu Augen jene, die dauernd alles Mögliche andere tun, um nur nicht das Leben zu wählen. „Morgen vielleicht fange ich an.“

Und schließlich ist da noch der, der erst Abschied von den Seinen nehmen will. Komisches Wort im Deutschen, „Abschied nehmen“. Vielleicht hätte er „Abschied geben“ statt „Abschied nehmen“ sollen. Weil nichts mehr mitzunehmen ist, worauf es noch ankäme.

Da will einer noch eine Zeit mit den Seinen, statt mit Jesus und ohne Jesus verbringen. Ohne die Anteilnahme am Leben des Menschgewordenen, ohne die Perspektive, die Liebe, die Leidensbereitschaft, den Himmelshorizont Gottes. Aber es gibt kein Zurück mehr, sagt Jesus, wenn Gott mit einem und einer mit Gott etwas Neues begonnen hat.

Ohne die Gemeinschaft mit Jesus nichts mehr tun wollen, darauf käme es an. Weil nichts ohne sie mehr Sinn macht.

„Morgen vielleicht fange ich an“, stand auf der Postkarte meines Freundes. „Heute bestimmt fängst Du an mit mir“, schreibe ich auf eine Karte und hänge sie über meinen Schreibtisch. Und nach den Beerdigungen und Abschieden und danach, wie es weitergeht mit Christsein und Kirche, das schauen wir dann.

Fra' Georg Lengerke

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BetDenkzettel - "Jeder nur ein Kreuz!" Lk 9,18-24
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06/19/22 • 4 min

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BetDenkzettel - Brutal lieb - Fronleichnam Lk 9,11b-17
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06/16/22 • 3 min

Lautsprecheranlagen haben ihre Tücken. Manchmal sind sie aus, wenn sie an sein sollten, oder an, wenn sie aus sein sollten – was unter Umständen sehr peinlich sein kann. Mal sind sie zu laut, mal zu leise. Mal hallen und mal fiepen sie.

Meistens ist das Einstellungssache, sagen uns die Techniker. Das war auch der Grund, warum neulich ein Organist nach der Messe zu mir in die Sakristei kam. Ihn hatte ein Knacken in der Lautsprecheranlage gestört.

Was war passiert?

In der Heiligen Messe bricht der Priester während des Gesanges des Agnus Dei das Brot in mehrere Teile. Der Text lautet: „Lamm Gottes, du nimmst (oder genauer: trägst) hinweg die Sünden der Welt. Erbarme dich unser.“ Der Gesang wird dreimal wiederholt und endet beim dritten Mal mit der Bitte: „Gib uns Frieden.“

Der Kirchenmusiker machte mich darauf aufmerksam, dass ich das Brot so dicht am Mikrofon gebrochen hatte, dass man ein lautes Knacken gehört hatte. Das sei etwas störend gewesen, sagte der Mann und ergänzte: „Und es klang irgendwie brutal.“

Der Ausdruck „Brechen des Brotes“ ist eine feststehende Formulierung im Neuen Testament und in der frühen Kirche. Es ist ein Ritus aus dem jüdischen Mahl, den Jesus beim Letzten Abendmahl vollzieht. Nach ihm nennen dann auch die ersten Christen die Eucharistiefeier das „Brechen des Brotes“ (Apg 2,42). Indem sie von dem einen gebrochenen Brot essen, treten sie in Gemeinschaft mit Christus, bekommen Anteil an Ihm und bilden in Ihm einen einzigen Leib.

Nun ist dieses „Brechen des Brotes“ aber nicht nur einfach das praktische Teilen eines Brotlaibes in mehrere Stücke, damit jeder eines bekommt. Es stellt zugleich das Zerbrechen des leiblichen Lebens Jesu Christi in seinem Tod da und erinnert an das Leiden und Sterben Christi.

Beim Agnus Deiwerden wir erinnert, dass beides zusammengehört: Erstens, dass Jesus sich antun lässt, was wir Menschen uns selbst und einander antun. Und zweitens, dass er sich als das „geschlachtete Lamm“ (Offb 5,6) und das gebrochene Brot verteilen lässt, um die Verteilten zu einer neuen Einheit in Ihm zu verbinden.

„Und es klang irgendwie brutal“, sagte der Mann in der Sakristei. Ich konnte gut verstehen, dass ihn das hörbare Brechen des Brotes störte. Aber im selben Augenblick dachte ich, dass es in der Tat brutal ist und uns vielleicht gerade stören soll.

Denn hier geht es nicht einfach nur um die Fortsetzung eines harmonischen antiken Freundschaftsmahles. Hier geht es um den Tod und die Auferstehung dessen, der uns sich selbst mitteilt. So sehr, dass wir Anteil an Seinem Leben bekommen. Wenn einer sich zu uns hin zerbrechen lässt, damit wir Zerbrochenen zur Einheit finden, dann ist das in der Tat „irgendwie brutal“.

Brutal lieb.

Fra' Georg Lengerke

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Seien wir ehrlich. Der „Sonntag der göttlichen Dreifaltigkeit“ eine Woche nach Pfingsten ist für Prediger eine Herausforderung. Auch für mich. Ich ringe um die richtigen Worte. Die Dreifaltigkeit Gottes ist mir unergründlich. Zugleich ist sie mir jedoch auch ganz plausibel.

In der vergangenen Woche war ich mit den Maltesern und älteren oder behinderten Pilgern in Lourdes. Einer ist für den anderen da. Bei der Körperpflege, beim Essen, bei der Fortbewegung. Für manche könnte es das schon gewesen sein. Und genauso beschreiben viele Menschen auch ihr Verhältnis zu Gott: Gott ist für mich da. Er sorgt für mich, Er beschützt mich, Er führt mich...

Aber war es das schon? Sobald ich genauer hinsehe, geht es auch in Lourdes bei diesem Dasein füreinander praktisch nie bloß um zwei. Es geht um mehr als darum, dass einer barrierefrei „satt und sauber“ ist.

Eigentlich geht es nämlich immer um drei: Einer zeigt dem anderen einen Dritten. Einer hilft einem anderen, einen Dritten zu verstehen oder sich ihm mitzuteilen. Einer ist mit einem anderen unterwegs zu einem Dritten, zeigt ihm einen Dritten, übersetzt einen Dritten oder freut sich mit dem anderen an einem Dritten. Zur Vollkommenheit der Liebe gehören immer drei, sagt Richard von St. Victor (12. Jh.): einer, der liebt; einer, der antwortend liebt; und einer, der mitliebt.

So ist es auch mit Gott: Nicht nur, wo Gott für zwei Menschen der hinzukommende Dritte ist. Wenn Gott sich in der Geschichte offenbart, dann kommt er mindestens an zwei Stellen vor. Als der, der offenbart, und als der, der offenbart wird. Gott der Vater wird versichtbart vom Sohn als der Mensch Jesus von Nazareth. Der Sohn wird offenbart und vergegenwärtigt vom Heiligen Geist. Und der Heilige Geist wird Menschen gesandt von Gott dem Vater.

Wenn Gott die vollkommene Liebe ist, dann muss er das auch ohne uns Menschen oder die Welt oder irgendetwas anderes sein, was er lieben kann. Gott braucht die Welt nicht, um die vollkommene Liebe zu sein. Und niemand möchte gebraucht werden, damit irgendein anderer jemanden zum Lieben hat.

Aber die Liebe Gottes hat "Freude daran, bei den Menschen zu sein" (Spr 8,31) und sie hat Freude daran, dass die Menschen bei ihr sind, sie suchen und finden können, Zugang zu ihr bekommen (Röm 5,2) und zu ihr gehören.

Die Dreifaltigkeit Gottes ist mir unergründlich und zugleich sehr plausibel. Gott ist ein Was(Gott) und drei Wer (Vater, Sohn und Heiliger Geist). Gott ist nicht einfach bloß für mich da. Vielmehr darf ich zu ihm gehören. Er nimmt teil an meinem Leben und Leiden. Er offenbart sich mir als ein Mensch und in der Kraft des Hl. Geistes. Er lebt und stirbt für mich, er leidet und liebt mit mir, er seufzt und betet in mir und leitet mich (Joh 16,13) – ohne aufzuhören zugleich der unergründliche, unbegreifliche Schöpfer des Alls zu sein.

Das ist mein größtes Geschenk: Dass ich teilnehmen kann an Gottes Leben – zusammen mit den Menschen, für die ich da bin und die da sind für mich.

Deshalb ist von der Dreifaltigkeit Gottes zu reden – wenngleich auch ich das immer nur irgendwie tastend und stotternd vermag.

Fra' Georg Lengerke

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BetDenkzettel - Freude als Kriterium - Pfingsten Apg 2,1-11
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06/05/22 • 3 min

An Pfingsten feiern Christen die Ausgießung des Heiligen Geistes in Jerusalem 50 Tage nach dem Tod und der Auferstehung Jesu. Der Heilige Geist bewirkt die Verbundenheit mit Gott. Er lässt seine Empfänger den Willen Gottes erkennen und befähigt sie dazu, ihn zu verwirklichen und ihn anderen verständlich zu machen.

Nun gibt es alle möglichen Anliegen, Meinungen und Projekte in der Kirche, die genau das für sich beanspruchen: vom Heiligen Geist inspiriert und bevollmächtigt zu sein. Woran soll man nun erkennen, bei welchen das der Fall ist und bei welchen nicht?

Das haben sich die ersten Christen in Galatien zur Zeit des Apostels Paulus auch gefragt. Neun „Früchte“ des Heiligen Geistes nennt Paulus, die zugleich Kriterien für Sein Wirken sind: „Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit.“ Deren Vorhandensein ist gewissermaßen der Lackmustest für das Wirken des Heiligen Geistes. Wo sie fehlen, fehlt Er. Wo sie da sind, wirkt Er.

Mich beschäftigt zur Zeit vor allem das Vorhandensein oder Fehlen der Freude. Als Anfrage an mich selbst und an die vielen Gruppierungen, Initiativen und Prozesse in der Kirche.

Unter denen machen sich nämlich in allen Lagern Verengung und Bitterkeit, Übellaunigkeit und Schärfe, Unduldsamkeit und das scheinbar heilige Gefühl dauernden Gekränktseins breit. Die mögen viele Gründe haben. Aber einen Schluss lassen sie sicher zu: Was hier am Werk ist, ist nicht der Heilige Geist.

Ich kenne diese Phänomene sowohl von Kämpfern für die Alte Kirche als auch von den Protagonisten einer Neuen Kirche. Ein Freund von mir sagte neulich von einer Initiative, sie werde außer Lärm und solidarischer Empörung wohl wenig ausrichten, weil sie so offensichtlich „unsexy“ sei. Gemeint war das völlige Fehlen von charismatischem Eros, von Charme und Esprit.

Aber auch bei mir selbst kenne ich die Versuchung zur Verhärtung, Unzufriedenheit und innerem Unfrieden und das dauernde Gefühl, das mich eh keiner hört, geschweige denn versteht – obwohl mein unerhörtes Genie eigentlich doch genau weiß, wie die Welt, die Kirche und meine Gemeinschaft endlich in Ordnung zu bringen sei.

An Pfingsten lasse ich mich eines Besseren belehren. Ich halte Ausschau nach den Früchten des Heiligen Geistes – in mir und um mich. Ich falle nicht mehr darauf rein, wenn der Trotz in mir meine Empörung für den Heiligen Geist hält. Denn der befähigt uns, einander über die Gräben hinweg zu verstehen und einander in allem Streit dennoch gut zu bleiben.

Vor allem aber schenkt er die Freude Gottes und die Freude an Gott. Die ist nicht bloß eine Lustigkeit, die sich das Leiden nicht zu Herzen und das Unrecht nicht wahr nehmen will.

Sie ist vielmehr Ausdruck der Gewissheit, dass Gott schon begonnen hat, alles zu sich ins wahre Leben zu ziehen. Und dass alles Kämpfen auf Erden nur noch ein Scharmützel am Rande seines schon gewonnenen Sieges ist.

Fra' Georg Lengerke

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BetDenkzettel - Wer glaubt uns denn? Joh 17,20-26
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05/29/22 • 3 min

Am Ende eines Telefongespräches lege ich immer sehr schnell auf. Ich will nicht hören, was mein Gesprächspartner als nächstes zu Dritten sagt, bevor er selbst aufgelegt hat. Erstens geht es mich nichts an. Zweitens könnte mich das unter Umständen sehr verstören.

Im heutigen Evangelium ist das anders. Wir sollen geradezu zuhören, wie Jesus mit Gott dem Vater über die Apostel spricht und für sie betet. Und nicht nur für sie, „sondern auch für alle, die durch ihr Wort an [Jesus] glauben." (Joh 17,20)

An der Stelle stocke ich immer. Das ist eine der Stellen in der Bibel, wo von mir die Rede ist. Denn zu denen, die durch das Wort der Apostel an Jesus glauben, gehöre auch ich. Wenn ich Jesus glaube, was er sagt, dann auch denen, die erzählt und aufgeschrieben haben, was er gesagt und getan hat. Von den Evangelisten und Aposteln über die vielen heiligen Frauen und Männer, die Zeugen durch die Geschichte – bis hin zu meinen Großeltern und Eltern und zu denen, die mir von Jesus und vom Leben mit ihm erzählt und daran Anteil gegeben haben.

Es lohnt sich vielleicht, dabei ein wenig zu verweilen. „Ich weiß, wem ich Glauben geschenkt habe“, schreibt der hl. Paulus an Timotheus (2 Tim 1,12). Weiß ich das auch? Wem habe ich den Glauben an Jesus geglaubt? Wer hat mir geholfen, Jesus Christus zu kennen, ihn zu lieben und ihm zu dienen – und mit ihm meine Nächsten? Und wer ist da heute? Und will ich überhaupt, dass da jemand ist?

Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr merke ich, dass ich auch auf die Seite der Apostel gehöre. Die Geschichte der Zeugnisse für den Glauben an Gott geht weiter. Ich gehöre nicht nur zu denen, die durch das Wort der Apostel an Jesus glauben. Ich gehöre auch zu denen, durch deren Wort andere an Jesus glauben können sollen.

Aber wer glaubt mir eigentlich? Und wer hat Anlass mir den Glauben an Gott in Jesus Christus zu glauben. Lebe und liebe, denke, rede und handle ich glaub-würdig für die Liebe Gottes und von ihr?

Oder habe ich nur versucht, die Menschen etwas „glauben zu machen“ (was nichts anderes heißt, als sie belogen zu haben)?

Diese Fragen muss sich nicht nur ein Priester stellen, sondern jeder Mensch, der sich Christ nennt. Es ist das Ende des Glaubens an Gott, wenn wir ihn für unsere Privatsache halten. Wo nicht mehr mit und von Gott gesprochen wird, da spricht Gott nicht mehr.

Jesus Christus betet zu Gott dem Vater, dass wir mit ihm und untereinander eins sind. Dieses Gespräch in Gott dauert an. Bis auf den heutigen Tag. Er betet für uns und für die, die durch unser Wort an ihn glauben.

Das höre ich. Und lauschend schließe mich diesem Gebet an. Und anders als vorhin am Telefon kommt es jetzt vor allem auf eines an: dass ich nicht auflege.

Fra' Georg Lengerke

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„Leben teilen“ ist das Motto des Katholikentages dieses Jahr. Was teilen wir, wenn wir Leben teilen? Mir fällt zuerst ein: Zeit. Dann: materielle und geistige Dinge. Teilen kann heißen: zerteilen und verteilen; mitteilen oder teilhaben; teilnehmen und teilgeben.
Wir können alles Mögliche miteinander teilen. Um alles Mögliche geht es auch bei Parteitagen, Gewerkschaftsversammlungen oder Kulturveranstaltungen.
In der Kirche soll es jedoch auch darum gehen, dass wir das Unmögliche teilen. In Jesus teilt Gott das Leben der Menschen und teilt mit uns sein Leben – in der Schöpfung, in der Geschichte des Volkes Israel und in der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus.
Davon, wie Gott das tut, handelt auch das Fest der Himmelfahrt Christi. Drei Stichworte helfen uns, zu verstehen und zu verwirklichen, was das heißt: „Gottes Leben teilen“.
Bleibt! „Bleibt in der Stadt“ (Lk 24,49), sagt Jesus den Jüngern bevor er zum Vater geht. „Geht nicht weg aus Jerusalem.“ (Apg 1,4) Die Jünger sollen in Jerusalem bleiben, obwohl alles dafürspricht, diese Stadt hinter sich zu lassen. Sie ist der Ort des Verrats und der Korruption, der Gewalt und des Grauens, und immer wieder der Ort des Abschieds.
Aber sie ist zugleich eben auch die Heilige Stadt: der Ort, an dem er sich offenbart und wo „sein Name wohnt“. Sie ist der Ort, an dem Gott das Leben der Menschen teilt – bis in alle Schuld, allen Schmerz, alles Leiden und bis in den Tod hinein. Jerusalem ist die Stadt, in der Jesus den Aposteln „vierzig Tage hindurch [...] erschienen [ist] und [...] vom Reich Gottes gesprochen [hat].“
Jerusalem ist überall da, wo Gott unser Leben teilt. Unser Leben mit seinen Höhen und Tiefen, mit Treue und Verrat, Liebe und Schuld. Überall da, wo Gottes Erbarmen auf die menschliche Erbärmlichkeit und Gottes Liebe auf menschliche Schuld trifft. Bleibt in Jerusalem, sagt Jesus. Bleibt dort, wo Gott sich im wahren Leben offenbart. Bleibt in der Kirche. Bleibt bei den Menschen, deren Leben Gott teilt – besonders bei den unter die Räder Gekommenen.
Empfangt! Die Jünger sollen nicht in Jerusalem bleiben, damit alles so bleibt, wie es ist. Sie sollen in Jerusalem bleiben, weil gerade dort etwas Neues, etwas den Menschen Unmögliches geschieht. Sie sollen bleiben bis sie „mit der Kraft aus der Höhe erfüllt“ werden (Lk 24,49)!
Einerseits sollen wir bei dem bleiben, was Gott schon getan hat. Andererseits sollen wir erwarten, was Gott schenkt und offenbart und tut. „Ihr [..] werdet schon in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft werden“, sagt Jesus. Aber der Heilige Geist ist nicht einfach nur eine Welle der Begeisterung für alles Mögliche. Er tut das Unmögliche, er teilt mit uns das Leben Gottes. Wir werden befähigt, hier auf der Erde und im Alltag, das Leben und die Liebe Jesu zu teilen.
Diese Verbundenheit wünscht Paulus der Gemeinde in Ephesus: „Der Geist der Weisheit und Offenbarung [...] erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt und wie überragend groß seine Macht sich an uns, den Gläubigen, erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke.“
Geht! Der Geist Gottes lässt die Jünger nicht da, wo sie sind. Der Geist Gottes bewirkt Bewegung und befähigt zur Sendung: „Ihr ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samárien und bis an die Grenzen der Erde.“
Der Heilige Geist verwandelt Menschen in Zeugen dafür, dass Gott das Leben der Menschen teilt, und in Männer und Frauen, die das Leben und die Liebe Gottes teilen. Dieses Leben Gottes dürfen die Jüngerinnen und Jünger Jesu nicht für sich behalten. Damit müssen sie in die Welt gehen. Bleibt! Empfangt! Geht! Damit Ihr mit Christus das Leben der Menschen teilt und mit den Menschen das Leben Gottes teilt. Damit Ihr das Leben und die Liebe teilt, die der Tod nicht töten kann.

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Weihnachten 1914 kommt es mitten im Ersten Weltkrieg zu einem von den kriegführenden Mächten nicht vorgesehenen „Zwischenfall“. Deutsche, britische und französische Soldaten schließen einen Waffenstillstand, begraben ihre Toten, spielen Fußball und feiern Weihnachten miteinander. Michael Jürgs hat darüber ein Buch geschrieben. Es trägt den Titel: „Der kleine Frieden im großen Krieg“ (2003).

Wir hören wieder von einem großen Krieg. Und vielleicht hören wir sogar manchmal Geschichten vom kleinen Frieden. Aber häufiger noch höre ich von einem Unfrieden, der wie eine Bugwelle der Krisen dieser Zeit die Herzen von Menschen umtreibt.

„Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht“, sagt Jesus beim Abschied von seinen Jüngern. Wie klingt das für jemanden, der ein beunruhigtes und verzagtes Herz hat? Vor allem, wie klingt das für jemanden, der allen Grund hat, beunruhigt und verzagt zu sein?

Es ist zunächst wichtig, dass ich mich der Beunruhigung und Verzagtheit meines Herzens stelle. Die sind nicht notwendigerweise immer ein Zeichen von Kleinglauben. Auch Jesus war damit vertraut. Mitunter sind sie eine normale, angemessene Reaktion. Wir sollten lernen, mit Unruhe und Verzagtheit zunächst umgehen zu können, wenn sie nicht gleich überwunden werden können. In dem Film Roter Drache (2002) sagt der Mörder Hannibal Lecter zum Kommissar, mutig sei der, der mit seiner Angst umgehen könne. (Und bietet ihm bei der Gelegenheit auch gleich an, ihm das beizubringen.)

Jesus spricht bei seinem Abschied von einem Frieden, den er „gibt“, der der „seine“ ist und „nicht [so] wie die Welt ihn gibt“ ist. Was ist damit gemeint? Gemeint ist ein gerechter Frieden, der in der „Ruhe der Ordnung“ (Augustinus) besteht. Es geht um einen Frieden, der mit Versöhnung mit Gott und meinen Nächsten zu tun hat, um die ich bitten und die ich gewähren darf. Und es geht schließlich um einen Frieden, der auch dann Bestand hat und mächtig ist, wenn die Welt um mich keinen Frieden gibt.

Um diesen Frieden in mir geht es mir zuerst, wenn mein Herz unruhig oder verzagt ist. Um einen Frieden, für den ich nicht auf eine wunderbare Verwandlung der friedlosen Welt oder auf die Bekehrung meiner schwierigen Nächsten warten muss.

Manchmal spreche laut aus, was mich bedrängt. Abends allein am Gebetsplatz in meinem Zimmer. Manchmal auch mit anderen in der Kapelle. Und ich bitte um den Heiligen Geist, den „Beistand“, von dem Jesus spricht. Durch ihn vereinigt sich mit mir jener Gott, der Mensch wurde und selbst ein verzagtes und beunruhigtes Herz hatte und das meine besser kennt als ich es kenne.

Wo wir uns mit jenem Gott verbinden, der sich in seiner Menschwerdung und seiner Geistsendung mit uns verbindet, da beginnt hier schon in uns „der kleine Frieden im großen Krieg“. Den brauchen wir auf dem Weg bis dahin, wo der „große Friede“ alles in allem sein wird.

Fra' Georg Lengerke

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In der vergangenen Woche wurde in der Euphrasius-Basilika in Poreč (Istrien) der 50. Geburtstag zweier Verwandter gefeiert. Als die beiden 18 wurden, war ich bereits 22. Damals fand ich es irgendwie niedlich, wenn Jüngere vor Stolz über ihre Volljährigkeit kaum gehen konnten. Mein fünfzigster Geburtstag liegt heute auch schon ein paar Jahre zurück. Und die fünfzigjährigen Vettern sind nicht mehr bloß niedlich, sondern schon durch ganz schön viel durchgegangen. Mit 18 sagen wir: Jetzt geht es los. Mit 50 freuen wir uns, dass wir noch leben.

Die Predigt kann man als Podcast hören. In ihr geht es um die Dankbarkeit als christliche Perspektive auf die Welt. In dieser Perspektive gehört alles hinein in die Beziehung zwischen Gott und Mensch. Dinge sind Gaben, Umstände sind Gegebenheiten und Menschen sind Geber, Begabte und Gegebene.

Froh sein kann man einfach über etwas. Dankbar ist man immer jemandem für etwas. Dankbarkeit ist Beziehungssache. Ich erinnere mich an jenes Gefühl der Dankbarkeit in meiner Jugend, das ich nicht recht deuten konnte, weil ich nicht wusste, wem eigentlich ich dankbar bin. Wenn mir heute jemand von seiner unadressierbaren Dankbarkeit erzählt, dann denke ich: Der, dem du dankbar bist, den nennen die Christen Gott.

In der Tageslesung vom letzten Samstag sagten die Apostel im Verhör vor dem Hohen Rat. "Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben." (Apostelgeschichte 4,20) Auch die Dankbarkeit hat eine missionarische Kraft. Sie handelt von dem, wovon wir unmöglich schweigen können.

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Weihnachten ist noch nicht vorüber. Aus christlicher Perspektive dauert das Fest noch bis ins neue Jahr. An keine andere Zeit im Jahr richten sich so viele Erwartungen. Und kein Fest ist so reich an Enttäuschungen. Doch ein Mensch inmitten dieses jährlichen Schlamassels scheint schier unenttäuschbar sein: das Kind in der Krippe, dessen Geburt die Christen am Weihnachtsfest feiern.

Irgendwo las ich mal die Geschichte von dem kleinen Jakob, der am späten Heiligen Abend allein an der Krippe steht. Lange schaut er die Figuren an. Bis sie scheinbar lebendig werden und sich langsam zu bewegen beginnen. Ein Hirte schafft einen Tragekorb mit Brennholz herbei. Eine Hirtin bringt dem heiligen Kind ein Lamm. Ein Junge legt einen Beutel mit Brot vor die Krippe. Und auf ihren Kamelen schwankend halten die drei Weisen in der Ferne bereits Gold, Weihrauch und Myrrhe in den Händen, um sie in wenigen Tagen dem Jesuskind darzubringen.

Da spürt Jakob, wie sich von ganz unten ein Schluchzen in ihm Bahn bricht, und über seine Backe kullert eine warme Träne. Gleich wischt er sie mit dem Ärmel weg und denkt, niemand habe sie bemerkt. Da sagt eine Stimme: „Was hast Du denn, Jakob?“ Einen Augenblick wundert er sich, dass er so gar nicht erschrocken über sie war. Denn auch wenn er sie noch nie gehört hatte, schien sie ihm doch irgendwie vertraut.

„Na? Was ist?“, sagt die Stimme. Da erkennt Jakob, dass es das Kind in der Krippe ist, das mit ihm spricht. „Ich habe Dir nichts mitgebracht“, sagt Jakob leise. „So?“, sagt das Jesuskind fragend, und es entsteht eine kleine Pause, die Jakob nicht sehr angenehm ist. „Na, ich meine, nicht so wie die anderen... Ich habe kein Geschenk für dich“, purzeln die Worte aus dem Jungen heraus.

„Darf ich mir was wünschen?“, fragt Jesus. Jakob fällt ein Stein vom Herzen. „Au ja“, sagt er ohne Zögern. Und plötzlich großzügig geworden, ergänzt er: „Du hast drei Wünsche frei!“

„Ich wünsche mir von Dir den Aufsatz, den Du gestern in der Schule zurückbekommen hast!“ Jakob erschrickt. Und für eine Weile verstummt er. „Ungenügend“ hatte mit dem berüchtigten roten Kuli darunter gestanden: „Aber der war vollkommen missglückt“, antwortet Jakob. „Wie wäre es“, sagt Jesus ohne eine Spur von Überraschung, „Du würdest mir einfach immer alles bringen, was ‚vollkommen missglückt‘ ist?“ Jakob denkt nach. Und fast hätte er vergessen, nach dem zweiten Wunsch des Christkinds zu fragen.

„Ich wünsche mir von Dir die Tasse, die Deine Großmutter Dir zum letzten Weihnachtsfest geschenkt hat.“ Jakob sinkt das Herz in die Hose. „Die habe ich nicht mehr...“, sagt er, „die ist zerbrochen.“ „Ich weiß“, sagt das Jesuskind mit sehr ruhiger Stimme. „Aber ich möchte, dass Du mir alles schenkst, was in Deinem Leben zerbrochen ist.“

„Und ... was wünscht du dir noch?“ sagt Jakob nach einer langen Pause mit kaum hörbarer Stimme. „Willst du mir nicht auch noch die Antwort schenken, die du Deiner Großmutter gegeben hast, als sie nach der Tasse fragte?“ Da beginnt Jakob leise zu weinen. Und schniefend gibt er zur Antwort: „Aber ich habe sie angelogen. Ich habe gesagt, die Tasse sei mir in der Schule geklaut worden.“ „Ach, mein Jakob“, sagt das Jesuskind mit dieser seltsam vertrauten Stimme, die Jakob noch nie gehört hatte. „Schenk mir einfach alles, was in Deinem Leben gelogen und unwahr, verkehrt und böse gewesen ist.

Denn dazu bin ich ja geboren worden: um dem Gescheiterten aufzuhelfen und das Zerbrochene zu heilen, um die Schuld zu vergeben und die Zerstrittenen zu versöhnen.“

Jakob richtet sich auf. Und es ist, als stiege von dort, wo am Anfang der Schluchzer kam, ein Gefühl von Trost auf, ein tiefes Empfinden von Freundschaft und Glück. Er wollte ein großzügiger Schenker werden für dieses weihnachtliche Geburtstagskind, das einfach mit nichts zu enttäuschen war.

Fra' Georg Lengerke

Hinweis: Beitrag wurde am 30.12.2021 im Deutschlandfunk gesendet.

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FAQ

How many episodes does BetDenkzettel have?

BetDenkzettel currently has 671 episodes available.

What topics does BetDenkzettel cover?

The podcast is about Christianity, Religion & Spirituality and Podcasts.

What is the most popular episode on BetDenkzettel?

The episode title 'Außen erschöpft und innen erneuert 2 Kor 4,13-5,1' is the most popular.

What is the average episode length on BetDenkzettel?

The average episode length on BetDenkzettel is 3 minutes.

How often are episodes of BetDenkzettel released?

Episodes of BetDenkzettel are typically released every 1 day, 6 hours.

When was the first episode of BetDenkzettel?

The first episode of BetDenkzettel was released on Jan 5, 2019.

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