
Umstrittener Vorläufer des THW: die Technische Nothilfe
09/30/24 • 14 min
Nach ihrer Gründung am 30.9.1919 wurde die Technische Nothilfe im Deutschen Reich zur Streikbekämpfung eingesetzt. Erst später kam der Schwenk zum Katastrophenschutz.
"Treu helfen wir" – ein Versprechen, das das Technische Hilfswerk (THW) seit seiner Gründung 1950 prägt. Doch hinter diesem modernen Selbstbild verbirgt sich eine tiefere Geschichte, die in den Wirren der Weimarer Republik beginnt und bis heute nachhallt.
Die Technische Nothilfe (TN) wird nach dem Ersten Weltkrieg ins Leben gerufen und agiert meist im Dienst des Staates: in Zeiten politischer Unruhen, als Streikbrecher oder Schützer lebenswichtiger Infrastrukturen. Während des Zweiten Weltkriegs unter der SS sogar im Bereich ziviler Luftschutz. Nach dem Krieg wird die TN von den Alliierten verboten, doch 1950 entsteht das THW – in klarer Abgrenzung zur umstrittenen Vergangenheit.
Statt politischer Einsätze steht seit seiner Neugründung der humanitäre Zivil- und Katastrophenschutz im Vordergrund. Mittlerweile zählt das THW zu den wichtigsten Akteuren und setzt dabei vor allem auf freiwillige Helfer, die weltweit im Einsatz sind, um bei Naturkatastrophen, Großschadensereignissen oder humanitären Krisen zu unterstützen.
In diesem Zeitzeichen erzählt Susanne Rabsahl:
- warum der Begriff "lebenswichtige Versorgung" in der Weimarer Republik so dehnbar ist,
- wie die Technische Nothilfe für politische Zwecke instrumentalisiert wird,
- wie Otto Lummitzsch, Gründer sowohl der TN als auch des THW, eine zentrale Rolle in beiden Organisationen spielt,
- welche politischen Verwicklungen ihn prägen,
- und warum die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte wichtig bleibt.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
- Andreas Linhardt: Die technische Nothilfe in der Weimarer Republik, 2006.
- Dr. Andreas Linhardt, Historiker
- Bernd Müller-Strauss, THW-Historische Sammlung
Weiterführende Links:
- Bundesvereinigung THW- historische Sammlung
- Planet Wissen - Das Technische Hilfswerk (THW)
- Zeitzeichen 25.08.1953 - Das THW wird Bundesanstalt
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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Susanne Rabsahl
Redaktion: Christoph Tiegel und Sefa Inci Suvak
Technik: Holger Märten
Nach ihrer Gründung am 30.9.1919 wurde die Technische Nothilfe im Deutschen Reich zur Streikbekämpfung eingesetzt. Erst später kam der Schwenk zum Katastrophenschutz.
"Treu helfen wir" – ein Versprechen, das das Technische Hilfswerk (THW) seit seiner Gründung 1950 prägt. Doch hinter diesem modernen Selbstbild verbirgt sich eine tiefere Geschichte, die in den Wirren der Weimarer Republik beginnt und bis heute nachhallt.
Die Technische Nothilfe (TN) wird nach dem Ersten Weltkrieg ins Leben gerufen und agiert meist im Dienst des Staates: in Zeiten politischer Unruhen, als Streikbrecher oder Schützer lebenswichtiger Infrastrukturen. Während des Zweiten Weltkriegs unter der SS sogar im Bereich ziviler Luftschutz. Nach dem Krieg wird die TN von den Alliierten verboten, doch 1950 entsteht das THW – in klarer Abgrenzung zur umstrittenen Vergangenheit.
Statt politischer Einsätze steht seit seiner Neugründung der humanitäre Zivil- und Katastrophenschutz im Vordergrund. Mittlerweile zählt das THW zu den wichtigsten Akteuren und setzt dabei vor allem auf freiwillige Helfer, die weltweit im Einsatz sind, um bei Naturkatastrophen, Großschadensereignissen oder humanitären Krisen zu unterstützen.
In diesem Zeitzeichen erzählt Susanne Rabsahl:
- warum der Begriff "lebenswichtige Versorgung" in der Weimarer Republik so dehnbar ist,
- wie die Technische Nothilfe für politische Zwecke instrumentalisiert wird,
- wie Otto Lummitzsch, Gründer sowohl der TN als auch des THW, eine zentrale Rolle in beiden Organisationen spielt,
- welche politischen Verwicklungen ihn prägen,
- und warum die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte wichtig bleibt.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
- Andreas Linhardt: Die technische Nothilfe in der Weimarer Republik, 2006.
- Dr. Andreas Linhardt, Historiker
- Bernd Müller-Strauss, THW-Historische Sammlung
Weiterführende Links:
- Bundesvereinigung THW- historische Sammlung
- Planet Wissen - Das Technische Hilfswerk (THW)
- Zeitzeichen 25.08.1953 - Das THW wird Bundesanstalt
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Redaktion: Christoph Tiegel und Sefa Inci Suvak
Technik: Holger Märten
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Vera Figner: Strategin des Attentats auf Zar Alexander II.
Für das Attentat auf den russischen Zaren Alexander II. wird Vera Figner zu lebenslanger Haft auf der Schlüsselburg verurteilt. Nach 20 Jahren kommt sie frei - und ist es dennoch nicht.
"Sie werden gewiss verstehen, meine Herren: Es ist besser, die Leibeigenschaft von oben abzuschaffen, als zu warten, bis sie sich selbst von unten abschafft." So begründet der russische Zar Alexander II. 1861 die Abschaffung des jahrhundertealten, grausamen Systems der Leibeigenschaft. Die Reformen helfen den Bauern jedoch kaum.
Vera Figner ist damals 9 Jahre alt. Sie wächst mit drei Schwestern und zwei Brüder in einer adligen, wohlhabenden Gutsbesitzerfamilie auf. Sie liest sehr viel, vor allem sozialkritische Romane über das schwere Los der russischen Bauern. Beim Studium in der Schweiz gerät sie in revolutionäre Zirkel. Zusammen mit hunderten jungen Intellektuellen zieht sie bis in die entlegensten Dörfer Russlands, um den Bauern zu helfen.
Doch der "Gang ins Volk scheitert" am Misstrauen der Bauern. Die Geheimpolizei von Zar Alexander II. reagiert mit Massenverhaftungen und öffentlichen Schauprozessen. Und die revolutionäre Bewegung antwortet ebenfalls mit Gewalt.
Eine Handvoll Revolutionäre gründet das Exekutivkomitee der Narodnaja Volja ("Volkswille"). Mit dabei ist Vera Figner. Drei Attentate der Gruppe auf den Zaren misslingen, das vierte kostet Alexander II. das Leben. Vera Figner wird 1884 zu lebenslanger Zwangsarbeit in der berüchtigten Festung Schlüsselburg verurteilt. 1904 wird sie begnadigt und unter Polizeiaufsicht in den hohen Norden ans Weiße Meer verbannt. 1917 wird sie amnestiert und leitet noch viele Jahre das "Komitee zur Hilfeleistung für befreite Sträflinge und Verbannte".
In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:
- warum Vera Figner ihre Kindheit als "Kasernenatmosphäre" beschreibt,
- warum ihre einzige Ehe nach nur drei Jahren scheitert,
- warum sich eine adlige Gutsherrentochter radikalisiert und zur Terroristin wird,
- wieso Figner nach dem Zarenattentat nicht hingerichtet wird.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:
- Prof. Dr. Anke Hilbrenner (Osteuropahistorikerin, Universität Düsseldorf)
- V. Figner: Nacht über Russland, Hamburg 1988
- A. Hilbrenner: Gewalt als Sprache der Straße. Terrorismus und die Suche nach emotionaler Gemeinschaft im Russischen Reich vor 1917, Stuttgart 2022
- S. Rindlisbacher: Leben für die Sache. Vera Figner, Vera Zasulič und das radikale Milieu im späten Zarenreich, Wiesbaden 2014
Weiterführende Links:
- Zeitzeichen 29.04.1818: Geburtstag von Zar Alexander II.
- Stichtag 23.02.1918: Rote Armee in Russland gegründet
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Autorin: Marfa Heimbach
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Sarah Fitzek
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Das Urteil im "Lesben-Mord-Prozess" fällt (am 1.10.1974)
Als Monika Ihns und Judy Andersen wegen Mordes vor Gericht stehen, macht die Presse aus ihrer Liebe einen Skandal. Für die Frauenbewegung wird der Prozess zum Wendepunkt.
Anfang der 1970er Jahre gründen sich überall in Deutschland Schwulen- und Lesbengruppen, um für ihre Rechte zu kämpfen. Im Gegensatz zur männlichen ist weibliche Homosexualität zwar nicht verboten, aber in den Siebzigern gesellschaftlich ein großes Tabu. Und nicht nur Homosexualität, auch die Gleichberechtigung von Frauen wird nur zögerlich akzeptiert. Gewalt in der Ehe ist Privatsache, Vergewaltigung in der Ehe kein Straftatbestand.
Das muss auch Marion Ihns erfahren. Als sie sich von ihrem Mann Wolfgang scheiden lassen will, willigt dieser nicht ein. Jahre später lernt Marion Ihns bei einem Besuch in Dänemark die zehn Jahre jüngere Judy Andersen kennen - und lieben. Doch Wolfgang verweigert ihr weiterhin die Scheidung. Wenig später ist er tot, getötet von einem Auftragsmörder.
Doch für die eigentliche Tat interessiert sich kaum jemand, der Mörder wird schnell zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt. Stattdessen wird die lesbische Liebe der Frauen zum Skandal. Die Boulevardpresse macht aus dem Mordprozess einen "Lesben-Prozess". Lange bevor er überhaupt losgeht, macht die BILD-Zeitung schon Stimmung. Die Texte sind voller homophober Klischees. Die Berichterstattung eskaliert mit dem Prozessauftakt im Sommer 1974.
Doch die Frauen der Bundesrepublik lassen sich die Diffamierung nicht gefallen. Der Prozess wird zum Schlüsselereignis der Frauenbewegung. Während des Prozesses kommt es zu Protesten und Tumulten vor und auch im Gerichtssaal.
Am 01. Oktober 1974 werden beide Frauen wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Der Prozess macht Gewalt gegen Frauen zu einem Kernthema der zweiten Frauenbewegung und regt unter anderem Alice Schwarzer dazu an, die "Emma" zu gründen.
In diesem Zeitzeichen erzählt Laura Dresch:
- wie Frauen in den 1970er Jahren von ihren Ehemännern abhängig sind,
- mit welchen Schlagzeilen die Presse gegen die lesbischen Frauen hetzt,
- wie die beiden Frauen beim Prozess regelrecht vorgeführt werden,
- dass während der Verhandlung zum ersten Mal fotografiert werden darf,
- wie wichtig der Prozess für die Frauenbewegung ist.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
- Dr. Sarah Bornhorst (Historikerin Berlin)
- Monne Kühn (Aktivistin und Teilnehmerin an den Protesten in Itzehoe)
- Urteil des Prozesses, Landgericht Itzehoe, 1974
- Pressedokumentation zum Mordprozess gegen Marion Ihns und Judy Andersen, Berichtszeitraum: 1973-1987, einsehbar im Archiv FrauenMediaTurm, Köln, Signatur: Pressedokumentation / PD-LE.11.07 / Objekt-Nr.: 13431
- Bornhorst, Sarah: 1974. Lesben vor Gericht und auf den Barrikaden: Der Itzehoe-Prozess und die Lesbenbewegung, in: Agnes Bresselau von Bressensdorf, Jürgen Finger, et. al (Hg.): Kipppunkte. Momente des Wandels im 20. Jahrhundert, Göttingen 2024, S. 245-258.
- Bayramoğlu, Yener: Die kriminelle Lesbe. Die Kriminalisierung des lesbischen Subjekts in den 1970er-Jahren in der BILD-Zeitung, in: Ders. [Hg.]: Queere (Un-)Sichtbarkeiten. Die Geschichte der queeren Repräsentationen in der türkischen und deutschen Boulevardpresse, Bielefeld 2018, S. 223-235.
Weiterführende Links:
- Chronik der Lesbenbewegung in der BRD
- Feministische Projekte in Berlin 1974-78: Hexenjagd
- Dossier: Frauenbewegung
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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Laura Dresch
Redaktion: Carolin Rückl und David Rother
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