
Oscar Wilde: Genie mit größtem Witz und tiefster Tragik
10/15/24 • 14 min
Ein wirklich witziger Schriftsteller, ein Dandy, ein Rebell im prüden viktorianischen England: Am 16.10.1854 wird Oscar Wilde geboren.
Oscar Wilde stammt aus einem bildungsbürgerlichen Elternhaus, die Mutter ist eine Individualistin, sie nennt sich selbst "Speranza", das heißt Hoffnung. Sie hat literarische Ambitionen, unterhält einen Salon und liebt extravagante Kostüme.
In ihrem Salon begegnet der junge Oscar Künstlerinnen und Schriftstellern. Er studiert zunächst in Dublin, dann in Oxford. Ab 1887 entstehen seine literarischen Meisterwerke: Etwa seine Theaterstücke "Salomé", "Ein idealer Gatte" und "Bunbury - Ernst sein ist alles". Wilde schreibt Essays und sein berühmtes Buch "Das Bildnis des Dorian Gray".
Darin verführt der Dandy Lord Henry Wotton als Mephistogestalt den faszinierend schönen Dorian dazu, seine Jugend rücksichtslos auszuleben und stattdessen sein von einem Maler geschaffenes Bildnis altern zu lassen. Dorian Gray ist bereit, einen hohen Preis für die ewige Jugend zu zahlen. "Dorian Gray" schockiert das damalige England noch auf eine andere Weise: Oscar Wilde lässt im Text Homosexualität mitschwingen.
Er selbst hat zahlreiche Verhältnisse mit jungen Männern. Seine Liebe zu Alfred Lord Douglas aber läutet seinen Untergang ein. Der Vater des Lords beschuldigt Wilde der "Sodomie", wie homosexuelle Handlungen damals diffamierend genannt werden. Oscar Wilde wehrt sich mit einer Ehrenbeleidigungsklage. Ein sinnloses Aufbäumen auf juristisch wackligen Beinen - und erfolglos.
Im Mai 1895 wird Wilde zu zwei Jahren Zuchthaus mit harter Zwangsarbeit wegen "homosexueller Unzucht" verurteilt. Der Genussmensch verschwindet hinter den dicken Mauern des berüchtigten Gefängnisses Reading Gaol. Als Wilde nach zwei Jahren frei kommt, ist er gesundheitlich, finanziell und gesellschaftlich ruiniert, und als Künstler getilgt. Oscar Wilde existiert nicht mehr.
In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
- warum Oscar Wilde seine irische Heimat verlässt und nach London zieht,
- was Oscar Wilde dazu bewegt, die Amerikaner in Sachen Stil und Manieren zu belehren,
- wie Wilde im "Gespenst von Canterville" die traditionslosen Amerikaner parodiert,
- wie Wilde in seinem letzten Werk seine Zeit im Zuchthaus verarbeitet.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
- Gespräch mit Norbert Lennartz, Professor für Anglistik an der Universität Vechta
- Sämtliche Werke Oscar Wildes (kostenlos zu finden in der digitalen Bibliothek "Projekt Gutenberg"
- WDR 5-Hörbuchreihe "Lies mir was vor", Benno Schulz liest "Das Gespenst von Canterville"
- Wolfgang Kraus (Hrsg.): Denken mit Oscar Wilde. Zürich, 2021.
Weiterführende Links:
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Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.
Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Andrea Klasen
Redaktion: David Rother
Technik: Sarah Fitzek
Ein wirklich witziger Schriftsteller, ein Dandy, ein Rebell im prüden viktorianischen England: Am 16.10.1854 wird Oscar Wilde geboren.
Oscar Wilde stammt aus einem bildungsbürgerlichen Elternhaus, die Mutter ist eine Individualistin, sie nennt sich selbst "Speranza", das heißt Hoffnung. Sie hat literarische Ambitionen, unterhält einen Salon und liebt extravagante Kostüme.
In ihrem Salon begegnet der junge Oscar Künstlerinnen und Schriftstellern. Er studiert zunächst in Dublin, dann in Oxford. Ab 1887 entstehen seine literarischen Meisterwerke: Etwa seine Theaterstücke "Salomé", "Ein idealer Gatte" und "Bunbury - Ernst sein ist alles". Wilde schreibt Essays und sein berühmtes Buch "Das Bildnis des Dorian Gray".
Darin verführt der Dandy Lord Henry Wotton als Mephistogestalt den faszinierend schönen Dorian dazu, seine Jugend rücksichtslos auszuleben und stattdessen sein von einem Maler geschaffenes Bildnis altern zu lassen. Dorian Gray ist bereit, einen hohen Preis für die ewige Jugend zu zahlen. "Dorian Gray" schockiert das damalige England noch auf eine andere Weise: Oscar Wilde lässt im Text Homosexualität mitschwingen.
Er selbst hat zahlreiche Verhältnisse mit jungen Männern. Seine Liebe zu Alfred Lord Douglas aber läutet seinen Untergang ein. Der Vater des Lords beschuldigt Wilde der "Sodomie", wie homosexuelle Handlungen damals diffamierend genannt werden. Oscar Wilde wehrt sich mit einer Ehrenbeleidigungsklage. Ein sinnloses Aufbäumen auf juristisch wackligen Beinen - und erfolglos.
Im Mai 1895 wird Wilde zu zwei Jahren Zuchthaus mit harter Zwangsarbeit wegen "homosexueller Unzucht" verurteilt. Der Genussmensch verschwindet hinter den dicken Mauern des berüchtigten Gefängnisses Reading Gaol. Als Wilde nach zwei Jahren frei kommt, ist er gesundheitlich, finanziell und gesellschaftlich ruiniert, und als Künstler getilgt. Oscar Wilde existiert nicht mehr.
In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
- warum Oscar Wilde seine irische Heimat verlässt und nach London zieht,
- was Oscar Wilde dazu bewegt, die Amerikaner in Sachen Stil und Manieren zu belehren,
- wie Wilde im "Gespenst von Canterville" die traditionslosen Amerikaner parodiert,
- wie Wilde in seinem letzten Werk seine Zeit im Zuchthaus verarbeitet.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
- Gespräch mit Norbert Lennartz, Professor für Anglistik an der Universität Vechta
- Sämtliche Werke Oscar Wildes (kostenlos zu finden in der digitalen Bibliothek "Projekt Gutenberg"
- WDR 5-Hörbuchreihe "Lies mir was vor", Benno Schulz liest "Das Gespenst von Canterville"
- Wolfgang Kraus (Hrsg.): Denken mit Oscar Wilde. Zürich, 2021.
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Die Erfindung des Countdowns am 15.10.1929
Zum ersten Mal wird 1929 nachweislich ein Countdown verwendet - im Film "Frau im Mond" des deutschen Regisseurs Fritz Lang. Bei echten Raketenstarts wird die Idee dann übernommen...
Im Film "Frau im Mond" von Regisseur Fritz Lang startet die Rakete "Friede" mit einigen Menschen an Bord Richtung Mond. Kurz vor dem Zünden der Triebwerke wird der Bildschirm schwarz und ein Schriftzug erscheint: "Noch zehn Sekunden!" Wenig später dann: "Noch sechs Sekunden!" Ab drei Sekunden vor dem Start ist nur noch die Zahl zu sehen. Am Ende steht in Großbuchstaben das Wort "JETZT". Dann hebt die Rakete ab.
Mit seiner Idee rückwärts bis Null - oder in diesem Fall bis "Jetzt" - zu zählen, erfinden Lang und sein wissenschaftlicher Berater quasi nebenbei einen dramaturgischen Standard, der noch heute bei jedem Raketenstart den Höhepunkt darstellt: Den Countdown. Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass der Stummfilm "Frau im Mond" seine Premiere am 15. Oktober 1929 feiert, also fast 15 Jahre vor dem ersten Flug einer Rakete in den Weltraum.
Bis dahin zählte man in der Science-Fiction-Literatur und auf ersten Testgeländen entweder gar nicht oder einfach bis zu einem festgelegten Zeitpunkt. Doch da wisse das Publikum ja nicht, wann es losgeht, meint Lang. Nur wenn rückwärts gezählt wird, könne Spannung erzeugt werden. Wahre Worte.
Damit ist der Siegeszug des Countdowns nicht mehr aufzuhalten. Spätestens 1969 zählt dann die ganze Welt von zehn bis null herunter, als sich von Cape Canaveral aus drei Männer auf den Weg zum Mond machen. Der Rest ist Geschichte.
In diesem Zeitzeichen erzählt Ralph Erdenberger:
- Wie Physiker Hermann Oberth mit seinem Raketenwissen bei der Filmproduktion hilft,
- was ein Kameramann mit der Erfindung des Countdowns zu tun hat,
- wie sich die Nationalsozialisten, aber auch unzählige Regisseure, die Sportwelt und letztlich die gesamte Menschheit den Countdown zu Nutze machen,
- warum ein Countdown technisch sinnvoll ist.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
- Daniel Mellem, Autor und Physiker
- Daniel Mellem: "Die Erfindung des Countdowns" (2020)
Weiterführende Links:
- 21. Juli 1969 - Neil Armstrong betritt als erster Mensch den Mond
- 23. März 1912 - Raketeningenieur Wernher von Braun wird geboren
- Fritz Lang: "Frau im Mond", Englisch
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Autor: Ralph Erdenberger
Redaktion: David Rother
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Das geschmuggelte Herz: Todestag von Frédéric Chopin
Frédéric Chopin gilt als Sänger am Klavier - seine Musik vereint Traurigkeit und traumhafte Leichtigkeit. Nach seinem Tod am 17.10.1849 findet das Herz des Komponisten die letzte Ruhe in seiner Heimat Polen.
Frédéric Chopin, 1810 im polnischen Żelazowa Wola geboren, gilt als einer der bedeutendsten Komponisten der Romantik. Geprägt von Tänzen wie der Mazurka und der Polonaise sind seine Werke tief in der polnischen Volkskultur verwurzelt.
Er schreibt weder Opern noch Sinfonien, doch prägt er die Musikgeschichte nachhaltig. Vor allem seine einzigartigen, feinsinnigen Klavierwerke, die von einer tiefen Emotionalität und einer unvergleichlichen Zartheit geprägt sind. Am besten zur Geltung kommen diese in der Intimität der Pariser Salons.
Chopins musikalische Karriere beginnt früh: Bereits mit sieben Jahren komponiert er seine erste Polonaise. Nach seiner Ausbildung am Warschauer Konservatorium zieht er 1831 nach Paris, wo er den Rest seines Lebens verbringt. In der französischen Hauptstadt findet Chopin nicht nur seine künstlerische Heimat, sondern wird auch von prominenten Zeitgenossen wie Franz Liszt und Robert Schumann geschätzt.
Obwohl Chopin nie nach Polen zurückkehrt, bleibt seine Musik zutiefst von seiner Herkunft geprägt. Seine Werke, darunter die berühmten Nocturnes, Préludes und Etüden, zeichnen sich durch eine intime und oft melancholische Stimmung aus, die seine Sehnsucht nach der Heimat widerspiegelt. Bis zuletzt gilt der Satz des polnischen Dichters Cyprian Kamil Norwid: "Dem Herzen nach ein Pole, dem Talent nach ein Weltbürger". Seine zerbrechliche Gesundheit setzt dem außergewöhnlichen Schaffen eines der größten Komponisten der Romantik viel zu früh ein Ende.
In diesem Zeitzeichen erzählt Hildburg Heider:
- wieso Chopins Herz nach dessen Tod heimlich von Paris nach Warschau geschmuggelt wird,
- welche Rolle traditionelle polnische Tänze wie die Polonaise und Mazurka in Chopins Werken spielen, und
- wie sie seinem Schaffen den unverwechselbaren Charakter verliehen,
- wie Chopin sich von seinem geliebten Polen verabschiedet, bevor er in die Fremde geht,
- warum er dabei eine kleine Kiste mit polnischer Erde mitnimmt.
Das sind unsere wichtigsten Quellen:
- Eva Gesine Baur: Chopin oder Die Sehnsucht, München 2009.
- Adam Zamoyski: Chopin: Der Poet am Piano, München 2010.
- Christoph Rueger: Frédéric Chopin: seine Musik – sein Leben, Berlin 2009.
Und das sind unsere Interviewpartner:
- Alexander Krichel, Pianist
- Andrzej Sulek, Musikwissenschaftler
- Evgeni Kissin, Musiker
- Piotr Rutkowski, Priester
- Planet Wissen - Frédéric Chopin
- WDR Zeitzeichen - George Sand
- WDR 3 Meisterstücke - Nachtgedanken eines Exilanten - die Nocturnes von Chopin
- WDR 3 Meisterstücke - Frédéric Chopin: Klavierkonzert Nr. 1 in e-Moll
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Autorin: Hildburg Heider
Redaktion: Frank Zirpins
Technik: Thomas Bleul
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