
Beethovens Streichquartett f-Moll op. 95 mit dem Minetti Quartett
02/14/20 • 21 min
Kurz, bündig, schmerzhaft
Beethovens Streichquartett f-Moll ist von fast aphoristischer Kürze. Darin unterscheidet es sich erheblich von allen seinen nachfolgenden Werken der Gattung. „Quartetto serioso“ hat der Komponist selbst es genannt, und zutreffender kann man seinen Charakter kaum beschreiben. Streng und prägnant ist die Tonsprache, ein großer Ernst kennzeichnet alle vier Sätze. Die Nuancen reichen von Nachdenklichkeit über Traurigkeit und Resignation bis zu abgrundtiefer Verzweiflung. Die wenigen sehnsuchtsvoll-freundlichen Momente verstärken noch diesen Eindruck.So klingt Liebesleid
Man liegt sicher nicht falsch mit der Vermutung, dass Beethoven hier eine Lebenskrise musikalisch verabeitete: Im Mai 1810 hatte die Arzttochter Therese Malfatti seinen Heiratsantrag abgelehnt. Weder dieses Ereignis noch seinen musikalischen Niederschlag wollte der verschlossene Künstler an die Öffentlichkeit dringen lassen. Erst 1814 wurde das „Quartetto serioso“ im kleinen Kreis uraufgeführt, und vor der Drucklegung 1816, also sechs Jahre nach seiner Entstehung, arbeitete Beethoven es noch einmal grundlegend um. In einem Brief aus demselben Jahr schreibt er, dieses Werk sei „für einen kleinen Kreis von Kennern“ bestimmt und solle „niemals öffentlich aufgeführt“ werden.Kurz, bündig, schmerzhaft
Beethovens Streichquartett f-Moll ist von fast aphoristischer Kürze. Darin unterscheidet es sich erheblich von allen seinen nachfolgenden Werken der Gattung. „Quartetto serioso“ hat der Komponist selbst es genannt, und zutreffender kann man seinen Charakter kaum beschreiben. Streng und prägnant ist die Tonsprache, ein großer Ernst kennzeichnet alle vier Sätze. Die Nuancen reichen von Nachdenklichkeit über Traurigkeit und Resignation bis zu abgrundtiefer Verzweiflung. Die wenigen sehnsuchtsvoll-freundlichen Momente verstärken noch diesen Eindruck.So klingt Liebesleid
Man liegt sicher nicht falsch mit der Vermutung, dass Beethoven hier eine Lebenskrise musikalisch verabeitete: Im Mai 1810 hatte die Arzttochter Therese Malfatti seinen Heiratsantrag abgelehnt. Weder dieses Ereignis noch seinen musikalischen Niederschlag wollte der verschlossene Künstler an die Öffentlichkeit dringen lassen. Erst 1814 wurde das „Quartetto serioso“ im kleinen Kreis uraufgeführt, und vor der Drucklegung 1816, also sechs Jahre nach seiner Entstehung, arbeitete Beethoven es noch einmal grundlegend um. In einem Brief aus demselben Jahr schreibt er, dieses Werk sei „für einen kleinen Kreis von Kennern“ bestimmt und solle „niemals öffentlich aufgeführt“ werden.Vorherige Episode

Das Freiburger Barockorchester spielt Jean-Baptiste Lully: Suite aus der tragédie en musique „Roland“
Karrieregeil? Oui! Nicht gerade vom Tellerwäscher zum Millionär hat Jean-Baptiste Lully es gebracht, aber immerhin vom Küchengehilfe zum Leibkomponisten des Sonnenkönigs, ausgestattet mit allerhand Privilegien und einem traumhaften Etat. Lully beherrschte die Gesetze der Tonkunst genauso virtuos wie diejenigen der Intrige, und er soll ein überaus cholerischer und skrupelloser Mensch gewesen sein. Man glaubt es kaum, wenn man seine eleganten, mit feinen Ornamenten verzierten Melodien hört. Lully stammte ursprünglich aus Florenz – Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet ein Italiener zur Galionsfigur der französischen Barockmusik wurde. Marketing im Barock – bien sûr! Ludwig XIV. war ein begeisterter Tänzer und trat als junger Mann am liebsten in der Rolle des Sonnengotts Apollon auf – daher auch sein Beiname „Sonnenkönig“. In Lully fand der König den idealen Komponisten, der seine Passion für den Tanz teilte und sie mit der passenden Musik ausstattete: Lully hauchte dem französischen Ballett neues Leben ein, machte es kraftvoll, technisch präzise, spektakulär. Und trug so natürlich dazu bei, dass der König sich noch besser in Szene setzen konnte. Auch in Lullys Opern spielt der Tanz eine Hauptrolle: Höhepunkt in jedem Akt ist ein großes Divertissement, in dem sich Hirten, Helden oder Götter auf der Bühne tummeln und zu ausschweifenden Tanzfesten zusammenfinden.
Mehr zu Lullys Suite aus der tragédie en musique "Roland"
Lully, der Sonnenkönig der Musik: La musique c’est moi! Geschickt erwirkte sich Lully die Alleinherrschaft über die französische Oper – 1672 wurde er Leiter der „Academie royale de musique“: Jeder, der in Frankreich eine Oper aufführen wollte, brauchte jetzt Lullys Genehmigung. Das Selbstverständnis des Sonnenkönigs über die Machtverhältnisse im Staat spiegelte Lully auf dem Gebiet der Musik: Das königliche „L’état c’est moi“ münzte er um in „La musique c’est moi“. Der rasende Roland 1685 brachte Lully seine tragédie en musique „Roland“ in Versailles auf die Bühne: Ein Prolog, der den Ruhm des Sonnenkönigs verherrlicht, und fünf Akte, die die Geschichte des rasenden Roland erzählen. Lullys Leiblibrettist Philippe Quinault schrieb den Text, das Epos „Orlando furioso“ von Ludovico Ariosto diente als literarische Vorlage: Der Kreuzritter Roland liebt die Königin Angélique. Deren Herz gehört aber bereits einem anderem. Roland verzweifelt an seiner unerwiderten Liebe und verfällt dem Wahnsinn. Dank der Zauberkraft einer Fee kommt er am Ende der Oper wieder zur Vernunft und besinnt sich auf seine Aufgabe, das kriegsgeplagte Land zu retten. Tanzen ist schöner als Rasen Wie alle Opern Lullys, enthält auch „Roland“ eine Fülle von instrumentalen Tanzsätzen. Mit der Ouvertüre an der Spitze lassen sie sich zu einer farbenfrohen Suite bündeln. Am Schluss – auch das ist üblich für die französische Barockoper: eine ausgedehnte Chaconne, ein Variationssatz, in dem diverse Instrumente und Tänzer*innen solistisch glänzen.Nächste Episode

Joseph Haydn: Klaviersonate Es-Dur Hob. XVI:52
Alles andere als „nett“
Als „Papa Haydn“ wurde er seit dem 19. Jahrhundert häufig belächelt. Vor allem in der Romantik schien die Tonsprache Joseph Haydns vielen zwar wichtig und einflussreich, aber letztlich auch ein bisschen zu nett und fröhlich, leicht und vielleicht sogar etwas naiv.Ganz und gar nicht gewöhnlich
Genau so konnte Haydn natürlich schreiben: elegant und federnd, unbeschwert und locker. Doch wie bei allen großen Künstlern greift diese Sicht allein natürlich viel zu kurz. Schon die ersten Takte seiner Es-Dur-Sonate enthüllen eine völlig andere Sprache. Sie ist kraftvoll und stolz, nicht ohne Eigensinn und motiviert vom Willen, mit technischem Können zu brillieren. Komponiert hat Haydn diese Sonate um das Jahr 1795 in Wien für die Pianistin Teresa Jansen. Sie war eine Schülerin von Muzio Clementi, deren Kunst Haydn vermutlich bei Konzerten in London kennen und schätzen gelernt hatte.Mehr zur Haydns Klaviersonate Es-Dur Hob. XVI:52Das Klavier wackelt
Es ist eine Sonate, die Haydns Klavier zum Wackeln bringen konnte – und die Zuhörerschaft gleich mit. Denn wer das Stück heute hört, muss sich immer wieder vergegenwärtigen, dass die Tasteninstrumente des 18. Jahrhunderts noch längst nicht so stabil waren. Keinesfalls dürfe man Haydns Instrumente mit dem Flügel der Romantik verwechseln, mahnte auch der Biograf Karl Geiringer: „Das Haydn-Klavier ist ein weit leichteres und kleineres, klangschwaches Instrument mit dünnen Saiten und kleinen, mit Leder bezogenen Hammerköpfen, das eine durchsichtig klare, klassische Tongebung ermöglicht.“Vorahnung des Titanen
Vor allem der ersten Satz ist mit vollgriffigen, meist gebrochenen Akkorden, schnellen Figurationen und rumorenden Oktav-Tremoli gespickt – pianistische Finessen, wohin das Auge blickt. Im Adagio verdichtet sich die Dramatik, ausgelöst vor allem durch dynamisches An- und Abschwellen auf engstem Raum. Höhepunkt ist hier eine schroff punktierte, chromatisch intensiv eingefärbte Passage in der Satzmitte. Der nette „Papa Haydn“ offenbart hier einen ungewöhnlich schroffen Grimm, den man schon eher vom mittleren und späten Beethoven kennt. Dieser beeindruckenden Klavierfantasie schließt sich noch ein schwindelerregend schnelles Finale an. In markanten Zäsuren scheint die Musik immer wieder Atem zu holen, um sodann mit neuer Kraft weiterzustürmen. Auch dieses Stück ist alles andere als nett und gefällig. Nach einer technischen Tour de Force schließt es genauso markant wie es begonnen hatte: mit einem kraftvollen, siebenstimmigen Es-Dur-Akkord.Wenn dir diese Episode gefällt, wirst du lieben
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