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Aus Misanthropolis - Sonderfolge - Kurz vom misanthropi(roni)schen Feiertag

Sonderfolge - Kurz vom misanthropi(roni)schen Feiertag

Aus Misanthropolis

03/20/20 • 11 min

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Phil's Anti-Weihnachten

Sonderfolge: Kurz vom misanthropi(roni)schen Feiertag

Ho! Ho! Ho! Oder eher „Co! Co! Co! Corona”?

Was für eine Zeit! Endlich gehen sich die Menschen aus dem Weg, Familien kommen nicht mehr zusammen, die Leute auf der Straße machen einen großen Bogen umeinander und lästige Feiern oder Veranstaltungen werden abgesagt.

Man kann guten Gewissens Verabredungen absagen und noch besser: es kommen erst gar keine neuen dazu! Es ist völlig legitim sich zurück zu halten und für sich zu bleiben.

Ja, liebe Misanthropen: es ist Anti-Weihnachten! „Ich bin jetzt allein, dat is pri-hi-ma, viva Coronia!“

"Phils Anti-Weihnachten"

Anti-Weihnachten: die Zeit, des „Anti-Socialising“. Herrlich.

Das leidige Thema „Was verschenke ich?“ zum Beispiel, hat sich bei Anti-Weihnachten vereinfacht: Leute die sich mögen schenken sich eine Packung Mehl, seinen Liebsten auch gerne mal Seife oder Desinfektionsmittel. So zeigt man sich wirkliche Wertschätzung in diesen Tagen. Schmuck, Reisen, hochpreisige Elektronik, teure Parfüms – damit beeindruckt man wohl niemanden mehr, seitdem Klopapier zur zahlungskräftigste Währung aufgestiegen ist und der Charming-Bär zu den wohl einflussreichsten Männern dieser Welt geworden ist.

Mein persönlicher Anti-Weihnachts-Wunsch, so ein Schwert wie „Stich“ aus „Herr der Ringe“ zu besitzen, ist nun auch größer denn je: eine Klinge, die blau leuchtet, wenn Orks in der Nähe sind. Nur halt für Menschen. Wobei das oftmals aus meiner Sicht auch nur ein marginaler Unterschied ist. Damit wäre ich immer frühzeitig gewarnt – oder hätte halt immerhin ein Schwert, wenn es doch zu spät zum Ausweichen wäre.

Statt zu ausladenden und umfangreichen Menüs einzuladen, sitzt aktuell ein jeder daheim und ernährt sich ausschließlich von Nudeln. Das spart vergleichsweise Kalorien – und vor allem Zeit, die man nun nicht vor dem Herd oder bei seinen Gästen verbringen muss, sondern schön für sich selber nutzen kann, so wie man es will.

Und sollte man sich – warum auch immer – doch dafür entscheiden, gerne Menschen begegnen zu wollen, dann geht man einfach einkaufen. Denn nachdem Veranstaltungen, vor allem die mit großer Personenanzahl, anlässlich Anti-Weihnachten abgesagt wurden, damit sich Menschen nicht zu nah kommen müssen, haben diese schnell mit den Supermärkten eine gute Alternative gefunden. Sich dicht an dicht durch die schmalen Gänge zu drängen oder sich in den meterlangen Schlangen an den Kassen in den Nacken husten zu lassen ist natürlich längst nicht so schlimm, als wenn einem das zum Beispiel bei einem Konzert passiert.

So kompensiert man dann auch gleichzeitig die Schließung der Fitness-Studios, weil man 10kg Mehl, 15kg Nudeln und 8 sperrige Packungen Toilettenpapier ja auch erstmal geschleppt bekommen muss – das geht direkt auf die Muckis! Für Kardio-Training sorgen dann die Sprints hinter den nun schwer gepanzerten Klopapier-Transportern, zu denen die nun überflüssig gewordenen Geld-Transporter mittlerweile wohl umgerüstet werden.

Alternativ trifft man sich auf den so wunderbar überfüllten Kinderspielplätzen. Dort begegnet man vor allem den Eltern, die vehement die Schließung von Schulen gefordert haben, damit die Kinder dort nicht alle auf einem Fleck hocken. Schließlich ist ja Mitte März und ewig kann man sich ja auch nicht an den Eisdielen aufhalten, um die Sonne während der „Anti-Weihnachtsferien“ zu genießen.

Ich persönlich hatte ehrlich gesagt schon befürchtet, so eine Pandemie würde die Menschen sozialer machen und man würde mehr zur „Nächstenliebe“ getrieben. Aber die letzten Tage haben mich da zum Glück beruhigt. „Menschlichkeit“ wurde gefordert – und „Menschlichkeit“ bekommt man ja nun auch. Denn die Menschheit zeigt nun ihr Gesicht umso deutlicher.

Was interessieren einen da denn noch Flüchtlinge, die unter erbärmlichsten Bedingungen hin und her geschoben werden, wenn man selber jetzt auf einmal darauf hoffen muss, dass man auch wirklich seine zwölfte Packung Tiefkühl-Brötchen bekommt?

Was interessiert einen „Fridays For Future“, wenn man selber die arme Sau ist, die nun schon das vierte Geschäft ohne neunte Packung Klopapier verlässt, weil es dort nur noch Zweilagiges gab?

Ein weiter Vorteil ist das saisonale Entertainment zu Anti-Weihnachten. Statt „König Fußball“ und anderer Live-Ausstrahlungen, die entweder ausfallen oder nur im provisorischem Rahmen stattfinden, empfiehlt sich hier das Internet. Vor allem FACEBOOK - und dort im Besonderen mein absolutes Highlight, wenn es um die Verachtung von Menschen geht: Orts- und Gemeindegruppen. Nirgendwo tun sich tiefere Abgründe auf als in solchen Gruppen mit Namen wie „Du lebst schon lange in XY, wenn...“ oder „Stadt XY und Umgebung“.

Da wo sonst schon tägliche Beiträge über entlaufene Katzen oder Fragen nach Öffnungszeiten von bestimmten Geschäften (weil googeln kann ja jeder) schon die kühnsten Mordfanta...

03/20/20 • 11 min

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