
Sternengeschichten Folge 645: Das Wassermannzeitalter
04/04/25 • 12 min
Sternengeschichten Folge 645: Das Wassermannzeitalter
"This is the dawning of the Age of Aquarius". Diese Textzeile aus einem Lied des bekannten Musicals "Hair" haben vermutlich die meisten schon mal gehört. Genau so wie den Begriff "Wassermannzeitalter", die deutsche Übersetzung von "Age of Aquarius". Und man muss nicht sonderlich viel Ahnung haben, um zu erkennen, dass es dabei um Astrologie geht, immerhin heißt es ja auch im Text des Liedes zum Beispiel "wenn der Mond im siebten Haus steht und Jupiter sich an Mars ausrichtet, dann wird Friede die Planeten leiten". Und keine Sorge - ich werde hier jetzt keine Podcastfolge über ein Hippie-Musical aus dem Jahr 1968 machen. Aber die Sache mit dem Wassermannzeitalter taucht auch außerhalb der Musiktheater immer wieder auf und hat, trotz der Astrologie, einen wissenschaftlichen Hintergrund.
Wenn wir wissen wollen, was es mit dem Wassermannzeitalter auf sich hat, müssen wir zuerst klären, was der Frühlingspunkt ist. Den Begriff habe ich schon in diversen Folgen immer wieder erwähnt, weil es sich um ein durchaus grundlegendes Konzept in der Astronomie handelt. Stellen wir uns dazu die Erde vor. Die Erdkugel hat einen Äquator und wir können uns vorstellen, dass wir diesen Äquator auf den Himmel projizieren. Dann läuft, parallel zum Äquator der Erde eine Linie einmal rund um den Himmel und diese Linie ist der Himmelsäquator. Er teilt den Himmel in einen nördlichen und einen südlichen Bereich und das ist es auch, was gemeint ist, wenn man zum Beispiel sagt, dass Cassiopeia oder der große Bär Sternbilder am Nordhimmel sind oder das Kreuz des Südens sich am Südhimmel befindet.
Wir wissen außerdem, dass sich die Erde um die Sonne bewegt. Von der Erde aus betrachtet erscheint es uns aber natürlich so, als würde sich die Sonne bewegen und die Erde stillstehen. Und mit "Bewegung der Sonne" meine ich jetzt nicht, dass die Sonne morgens über dem Horizont aufgeht, bis Mittags am Himmel immer weiter nach oben wandert und dann am Abend wieder hinter dem Horizont verschwindet. Diese scheinbare Bewegung ist das Resultat der Tatsache, dass sich die Erde einmal pro Tag um ihre Achse dreht. Es geht um etwas anderes: Wir können zwar keine Sterne sehen, wenn die Sonne am Himmel steht, aber sie sind natürlich trotzdem da. Stellen wir uns jetzt vor, wir messen jeden Tag die Position der Sonne am Himmel, immer zum selben Zeitpunkt, zum Beispiel genau zu Mittag. Würden wir diese Position in einen Karte des Himmels eintragen, dann würden wir merken, dass sich die Sterne im Hintergrund im Laufe der Zeit langsam verändern. Das ist auch logisch, weil sich der Blickwinkel verändert, unter dem wir die Sonne betrachten. Stellen wir uns vor, wir machen einen Spaziergang, einmal um ein kleines Dorf rundherum. In der Mitte des Dorfes steht eine Kirche, das ist die Sonne. Wir selbst sind die Erde und so wie die Erde sich um die Sonne bewegt, bewegen wir uns einmal rund um das Dorf mit dem Kirchturm. Wenn wir alle paar Minuten Rast machen und zum Kirchturm schauen, werden wir bemerken, dass sich der Hintergrund ändert, weil sich unsere Position geändert hat. Genau so ändern sich die Sterne, die wir im Hintergrund der Sonne sehen könnten, wenn wir sie jeden Tag beobachten.
Das ist alles noch recht einfach zu verstehen, sowohl beim Spaziergang als auch bei der Sonne. Und wenn wir jetzt eine Linie in unsere Sternkarte zeichnen, die die scheinbare Position der Sonne im Laufe eines Jahres vor dem Hintergrund der Sterne angibt, dann ist das die sogenannte "Ekliptik". Sie läuft, wie der Himmelsäquator, einmal um den ganzen Himmel rundherum. Die Eklitik zeigt uns die scheinbare Bahn der Sonne an, die sie in einem Jahr zurück legt, beziehungsweise ist die auf den Himmel projizierte Bahnebene, in der sich die Erde um die Sonne bewegt.
Wenn wir das alles machen, also einmal die Ekliptik in die Karte einzeichnen und dann auch noch den Himmelsäquator, dann werden wir merken, dass beide Linien nicht übereinstimmen. Das würden sie nur dann tun, wenn die Erdachse exakt senkrecht auf die Ebene der Erdbahn steht. Das tut sie aber nicht: Die Rotationsachse der Erde ist um gut 23,5 Grad aus der Senkrechten gekippt. Und deswegen ist auch der Himmelsäquator um genau diese 23,5 Grad gegenüber der Ekliptik gekippt. Und DAS bedeutet: Es gibt nur zwei Punkte, in denen sich diese beiden Kreise schneiden. Diese beiden Punkte sind etwas besonderes.
Erinnern wir uns: Die Ekliptik gibt uns die scheinbare Position der Sonne am Himmel der Erde an. Eine Hälfte des Jahres bewegt sich die Sonne in dem Teil der Ekliptik, der sich über der Linie des Himmelsäquators befindet; in der anderen Hälfte des Jahres auf dem Teil, der unter dem Himmelsäquator verläuft. Wenn wir die Sonne über dem Himmelsäquator sehen, dann ist sie auch lange zu sehen; die Tage dauern lange; länger als die Nacht und wir haben Sommer. Im anderen Fall ist es um...
Sternengeschichten Folge 645: Das Wassermannzeitalter
"This is the dawning of the Age of Aquarius". Diese Textzeile aus einem Lied des bekannten Musicals "Hair" haben vermutlich die meisten schon mal gehört. Genau so wie den Begriff "Wassermannzeitalter", die deutsche Übersetzung von "Age of Aquarius". Und man muss nicht sonderlich viel Ahnung haben, um zu erkennen, dass es dabei um Astrologie geht, immerhin heißt es ja auch im Text des Liedes zum Beispiel "wenn der Mond im siebten Haus steht und Jupiter sich an Mars ausrichtet, dann wird Friede die Planeten leiten". Und keine Sorge - ich werde hier jetzt keine Podcastfolge über ein Hippie-Musical aus dem Jahr 1968 machen. Aber die Sache mit dem Wassermannzeitalter taucht auch außerhalb der Musiktheater immer wieder auf und hat, trotz der Astrologie, einen wissenschaftlichen Hintergrund.
Wenn wir wissen wollen, was es mit dem Wassermannzeitalter auf sich hat, müssen wir zuerst klären, was der Frühlingspunkt ist. Den Begriff habe ich schon in diversen Folgen immer wieder erwähnt, weil es sich um ein durchaus grundlegendes Konzept in der Astronomie handelt. Stellen wir uns dazu die Erde vor. Die Erdkugel hat einen Äquator und wir können uns vorstellen, dass wir diesen Äquator auf den Himmel projizieren. Dann läuft, parallel zum Äquator der Erde eine Linie einmal rund um den Himmel und diese Linie ist der Himmelsäquator. Er teilt den Himmel in einen nördlichen und einen südlichen Bereich und das ist es auch, was gemeint ist, wenn man zum Beispiel sagt, dass Cassiopeia oder der große Bär Sternbilder am Nordhimmel sind oder das Kreuz des Südens sich am Südhimmel befindet.
Wir wissen außerdem, dass sich die Erde um die Sonne bewegt. Von der Erde aus betrachtet erscheint es uns aber natürlich so, als würde sich die Sonne bewegen und die Erde stillstehen. Und mit "Bewegung der Sonne" meine ich jetzt nicht, dass die Sonne morgens über dem Horizont aufgeht, bis Mittags am Himmel immer weiter nach oben wandert und dann am Abend wieder hinter dem Horizont verschwindet. Diese scheinbare Bewegung ist das Resultat der Tatsache, dass sich die Erde einmal pro Tag um ihre Achse dreht. Es geht um etwas anderes: Wir können zwar keine Sterne sehen, wenn die Sonne am Himmel steht, aber sie sind natürlich trotzdem da. Stellen wir uns jetzt vor, wir messen jeden Tag die Position der Sonne am Himmel, immer zum selben Zeitpunkt, zum Beispiel genau zu Mittag. Würden wir diese Position in einen Karte des Himmels eintragen, dann würden wir merken, dass sich die Sterne im Hintergrund im Laufe der Zeit langsam verändern. Das ist auch logisch, weil sich der Blickwinkel verändert, unter dem wir die Sonne betrachten. Stellen wir uns vor, wir machen einen Spaziergang, einmal um ein kleines Dorf rundherum. In der Mitte des Dorfes steht eine Kirche, das ist die Sonne. Wir selbst sind die Erde und so wie die Erde sich um die Sonne bewegt, bewegen wir uns einmal rund um das Dorf mit dem Kirchturm. Wenn wir alle paar Minuten Rast machen und zum Kirchturm schauen, werden wir bemerken, dass sich der Hintergrund ändert, weil sich unsere Position geändert hat. Genau so ändern sich die Sterne, die wir im Hintergrund der Sonne sehen könnten, wenn wir sie jeden Tag beobachten.
Das ist alles noch recht einfach zu verstehen, sowohl beim Spaziergang als auch bei der Sonne. Und wenn wir jetzt eine Linie in unsere Sternkarte zeichnen, die die scheinbare Position der Sonne im Laufe eines Jahres vor dem Hintergrund der Sterne angibt, dann ist das die sogenannte "Ekliptik". Sie läuft, wie der Himmelsäquator, einmal um den ganzen Himmel rundherum. Die Eklitik zeigt uns die scheinbare Bahn der Sonne an, die sie in einem Jahr zurück legt, beziehungsweise ist die auf den Himmel projizierte Bahnebene, in der sich die Erde um die Sonne bewegt.
Wenn wir das alles machen, also einmal die Ekliptik in die Karte einzeichnen und dann auch noch den Himmelsäquator, dann werden wir merken, dass beide Linien nicht übereinstimmen. Das würden sie nur dann tun, wenn die Erdachse exakt senkrecht auf die Ebene der Erdbahn steht. Das tut sie aber nicht: Die Rotationsachse der Erde ist um gut 23,5 Grad aus der Senkrechten gekippt. Und deswegen ist auch der Himmelsäquator um genau diese 23,5 Grad gegenüber der Ekliptik gekippt. Und DAS bedeutet: Es gibt nur zwei Punkte, in denen sich diese beiden Kreise schneiden. Diese beiden Punkte sind etwas besonderes.
Erinnern wir uns: Die Ekliptik gibt uns die scheinbare Position der Sonne am Himmel der Erde an. Eine Hälfte des Jahres bewegt sich die Sonne in dem Teil der Ekliptik, der sich über der Linie des Himmelsäquators befindet; in der anderen Hälfte des Jahres auf dem Teil, der unter dem Himmelsäquator verläuft. Wenn wir die Sonne über dem Himmelsäquator sehen, dann ist sie auch lange zu sehen; die Tage dauern lange; länger als die Nacht und wir haben Sommer. Im anderen Fall ist es um...
Vorherige Episode

Sternengeschichten Folge 644: Formamid und der Ursprung des Lebens
Leben ohne Wasser?
Sternengeschichten Folge 644: Formamid und der Ursprung des Lebens
Wie ist das Leben auf der Erde entstanden? Das ist eine der grundlegenden Fragen der Wissenschaft beziehungsweise eine der grundlegenden Fragen überhaupt. Wir Menschen haben uns das immer schon gefragt und bevor wir die Wissenschaft hatten, um darüber nachzudenken, haben wir uns halt religiöse Schöpfungsmythen ausgedacht, um eine Antwort zu bekommen. Weil wir eine Antwort auf diese Fragen HABEN wollen, weil es eine wichtige Frage ist.
Schöpfungsmythen gibt es heute immer noch, aber es gibt mittlerweile auch die Wissenschaft und die hat bis jetzt noch keine eindeutige Antwort auf diese Frage geliefert - aber immerhin ein paar sehr spannende Hinweise. Und die haben mit Blausäure zu tun, mit radioaktivem Material und mit etwas, das "Formamid" heißt.
Aber fangen wir mal am Anfang an. Denn der ist es ja, der uns interessiert. Wir wissen mittlerweile sehr gut, wie sich das Leben NACH seiner Entstehung entwickelt hat; wie aus den allerersten Lebewesen die Vielfalt des Lebens entstanden ist, die wir heute auf der Erde beobachten. Das lässt sich mit der Theorie der Evolution sehr gut erklären. Was wir aber noch nicht erklären können ist: Wie das Leben selbst entstanden ist. Nachdem die Erde vor 4,5 Milliarden Jahren entstanden ist, war da noch kein Leben. Da waren nur jede Menge chemische Stoffe, Moleküle, Atome und so weiter, die an verschiedensten Orten in den verschiedensten Zuständen herumgelegen sind. Irgendwann muss irgendwas passiert sein, so dass komplexere Moleküle entstanden sind, die in der Lage waren, Kopien von sich selbst herzustellen, manchmal mit kleinen Fehlern, also mit Mutationen und das ist der Punkt, wo die Evolution einsetzen kann und wo wir sagen können, dass da jetzt "Leben" ist.
Aber wir wollen wissen, was passieren muss und vor allem was es braucht, damit dieser allererste Schritt passieren kann. Und was es braucht ist Wasser! Oder? Das erscheint logisch. Wir wissen, dass das Leben auf der Erde ohne Wasser nicht existieren kann. Wir Menschen und die anderen Lebewesen bestehen zu einem großen Teil aus Wasser. Wenn wir kein Wasser haben, dann sterben wir und es braucht auch Wasser, damit die diversen chemischen Vorgänge in unserem Körper ablaufen können.
Und das stimmt zwar alles - aber nicht ganz. Aber dazu kommen wir gleich. Wir wissen, aus diversen chemischen Experimenten, dass wir Nukleinsäuren und Aminosäuren brauchen, damit sich daraus Leben entwicklen kann. Und wir wissen auch, wie diese komplexen Molekülen entstehen können. Aber es hilft uns nicht, wenn auf der frühen Erde hier mal eines dieser Moleküle entsteht und dann dort mal wieder eines. Sie müssen in ausreichend hoher Konzentration entstehen und es braucht deswegen auch eine ausreichend hohe Konzentration der Chemikalien aus denen dann die komplexen Moleküle entstehen können. Oder anders gesagt: Wir brauchen einen Prozess, der dafür sorgt, dass sich diese Vorläuferstoffe ausreichend oft in ausreichend hoher Konzentration an passenden Orten auf der jungen Erde ansammeln. Das nennt sich das "Konzentrationsproblem" und es ist nicht das einzige. Das zweite Problem nennt sich "Wasser-Paradoxon".
Denn wir brauchen das Wasser zwar um zu leben und Leben braucht Wasser. Für die Bausteine des Lebens und ihre Bildung ist Wasser aber gar nicht so super. Sie können chemisch mit den Wassermolekülen reagieren und das führt dazu, dass sie zerstört werden. Diese beiden Probleme, das Konzentrationsproblem und das Wasser-Paradoxon machen es schwierig zu erklären, wie sich auf der jungen Erde ausreichend viele Bausteine des Lebens bilden konnten, so dass daraus irgendwann das Leben entsteht.
Eine Lösung könnte Formamid sein. Die chemische Formel dafür lautet CH3NO; Formamid besteht als aus Kohlensoff, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff. Der Name kommt übrigens vom lateinischen Wort für Ameise - formica - weil Formamid chemisch mit der Ameisensäure verwandt ist, die wiederum so heißt, weil das eine Säure ist, die unter anderem von Ameisen zur Verteidigung produziert und verspritzt wird. Bei normalen Bedingungen, also bei Raumtemperatur und normalen Druck ist Formamid eine farb- und geruchslose Flüssigkeit. Und diese Flüssigkeit ist sehr viel besser als Wasser geeignet, um darin und daraus die Bausteine des Lebens zu produzieren.
Das löst unser Problem aber nur bedingt, denn jetzt müssen wir uns fragen, wie auf der jungen Erde ausreichend viel Formamid in ausreichend großer Konzentration entstanden ist. Wir wissen, dass sich Formamid unter anderem aus Blausäure bilden kann. Blausäure besteht aus Wasserstoff, Stickstoff und Kohlenstoff - bis auf den Sauerstoff haben wir da schon alles, was wir für Formamid brauchen. Den Sauerstoff könnte man aus Wassermolekülen kriegen - aber es fehlt noch eine Zutat, damit die entsprechenden Reaktionen ablaufen. Wassermoleküle fallen ja nicht einfach so auseina...
Nächste Episode

Sternengeschichten Folge 646: Coatlicue - die Mutter der Sonne
Solare Ahnenforschung
Sternengeschichten Folge 646: Coatlicue - die Mutter der Sonne
Wie ist die Sonne entstanden? Die kurze Version und die, die man fast immer irgendwo zu hören bekommt geht so: Zuerst war da eine große kosmische Wolke aus Gas und diese Wolke ist dann irgendwann kollabiert, zum Beispiel weil sich in der Nähe ein Stern vorbei bewegt hat oder ein älterer Stern in der Umgebung explodiert ist. Das hat das Gleichgewicht der Wolke gestört und sie ist unter ihrem eigenen Gewicht in sich zusammengefallen. Das Gas hat sich verdichtet, so sehr, dass irgendwann die Kernfusion eingesetzt hat und ein Stern entstanden ist. Und diese Erklärung ist nicht falsch. Aber sie lässt sehr viel aus und sehr viel davon ist sehr interessant.
Zwischen dem Kollaps der Wolke und der fertigen Sonne passiert noch jede Menge, auf das möchte ich heute aber nicht eingehen - über diese Prozesse habe ich auch schon in jeder Menge anderer Folgen gesprochen. Heute geht es um das, was vor dem Kollaps der Wolke passiert ist beziehungsweise um das, was dazu geführt hat, dass die Wolke kollabiert ist. Es geht also um Dinge, die vor der Geburt der Sonne passiert sind, also gewissermaßen um die Vorfahren unserer Sonne.
Zuerst aber müssen wir eine Angelegenheit klären: Wie um Himmels Willen soll man so etwas erforschen? Das ist alles ja schon Milliarden Jahre her. Wir können ja nicht in der Zeit zurück reisen und wir können nicht einmal in der Zeit zurück schauen, was in der Astronomie ja tatsächlich geht. Aber auch nur, wenn wir gleichzeitig in die Ferne schauen. Wenn wir Objekte betrachten, deren Licht Milliarden Jahre zu uns gebraucht hat, dann sehen wir sie auch so, wie sie vor Milliarden von Jahren ausgesehen haben. Aber das geht bei der Sonne nicht. Die ist ja keine Milliarden Lichtjahre entfernt sondern direkt hier, bei uns. Also: Wie wollen wir rausfinden, was in der Vergangenheit passiert. Das ist nicht einfach, aber nicht unmöglich. Denn die Vergangenheit hat Spuren hinterlassen, zum Beispiel in Form von sogenannten kurzlebigen Radionukleiden. So bezeichnet man radioaktive Elemente, deren Halbwertszeit weniger als 100 Millionen Jahren beträgt. Die werden überall im Universum bei diversen astrophysikalischen Prozessen erzeugt und sind daher auch überall. Und weil das Zeug überall ist, war es auch in der Wolke aus der die Sonne entstanden ist. Und wir finden diese Elemente auch heute noch in den Meteoriten, die ja die Überbleibsel aus der Zeit der Entstehung des Sonnensystems sind. Sie sind das Material, aus dem keine Planeten entstanden sind; das nicht Teil der Sonne geworden ist und wir können aus der Untersuchung der Meteoriten Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Wolke ziehen, aus der Sonne und Sonnensystem entstanden ist.
Wir finden in den Meteoriten zum Beispiel das Element Iridium 129 und wir finden es in ziemlich genau der Menge, in der es auch überall sonst in der Milchstraße zu finden ist. Das ist wenig überraschend; das ist genau das, was man erwarten würde. Es gibt aber andere Elemente, bei denen das nicht so ist. Aluminium 26 zum Beispiel oder Eisen 60. Von denen finden wir mehr, als man erwarten würde. Das bedeutet, dass das nicht einfach Material ist, das halt einfach schon da war, als das Sonnensystem entstanden ist, weil diese Elemente halt überall in der Milchstraße zu finden sind. Das bedeutet, dass Elemente wie Aluminium 26 oder Eisen 60 nicht allzu lange vor der Geburt der Sonne nochmal lokal entstanden sind. Oder anders gesagt: Bevor die kosmische Wolke zur Sonne kollabiert ist, müssen Prozesse abgelaufen sein, die nochmal frisches Aluminium 26 und Eisen 60 produziert haben.
Was sind das für Prozesse? Wir wissen, dass diese Elemente zum Beispiel bei Supernova-Explosionen gebildet werden können, also dann, wenn ein massereicher Stern sein Leben explosiv beendet, nachdem in seinem Inneren die Kernfusion aufgehört hat. Und lange Zeit war das auch die übliche Erklärung: Eine Supernova hat in der Umgebung der kosmischen Wolke stattgefunden und dort die ganzen kurzlebigen Radionukleide reingepustet. Das ist nicht unrealistisch, aber wenn man das alles im Detail durchrechnet, dann gibt es Probleme. Um die beobachteten Mengen an Aluminium 26 und Eisen 60 in die kosmische Wolke zu bringen, müsste so eine Supernova in so geringer Entfernung zur Wolke stattfinden, dass dadurch die Entstehung neuer Sterne massiv behindert wird. Weil so eine Supernova-Explosion kann zwar den Kollaps einer Wolke und damit die Sternentstehung auslösen. Findet sie zu nah an der Wolke statt, kann sie aber auch, vereinfacht gesagt, das Gas der Wolke so aufheizen und in der Gegend verteilen, so dass keine Sterne daraus entstehen können.
Das ganze muss also anders stattgefunden haben und bevor wir uns anschauen, wie das ausgesehen haben könnte, müssen wir noch einen wichtigen Punkt klären. Ich habe bis jetzt immer gesagt: Die Wolke kollabiert und daraus entsteht die S...
Wenn dir diese Episode gefällt, wirst du lieben
Kommentare zur Episode
Badge generieren
Erhalte ein Badge für deine Webseite, das auf diese episode
<a href="https://goodpods.com/podcasts/sternengeschichten-274843/sternengeschichten-folge-645-das-wassermannzeitalter-88675630"> <img src="https://storage.googleapis.com/goodpods-images-bucket/badges/generic-badge-1.svg" alt="listen to sternengeschichten folge 645: das wassermannzeitalter on goodpods" style="width: 225px" /> </a>
Kopieren