
Céline Moinet spielt Mozarts Oboenkonzert C-Dur
03/26/22 • 21 min
Das Oboenkonzert wurde zum Flötenkonzert
Mozart ist 1777/78 auf Besuch in Mannheim und trifft dort den Bonner Arzt Ferdinand Dejean, ein weitgereister Schiffsarzt, der darum den Namen „der Indianer“ trägt. Er hat Geld, spielt nebenher Flöte und bestellt bei Mozart drei Flötenstücke. Mozart braucht den Auftrag, steht aber unter Zeitdruck, denn er will weiter nach Paris. Außerdem bietet Mannheim in Liebesdingen viel Ablenkung. So bekommt Dejean nur zwei neue Werke. Für das dritte schreibt Mozart sein Oboenkonzert C-Dur einfach um.Das „Schlachtross“
Dejean ist sauer und kürzt das Honorar. Dabei ist es ja nicht unüblich damals, alte Werke als Blaupause für neue zu nehmen. Und Mozart weiß genau, was er da wählt für diesen Schnell-Schuss. Denn sein Oboenkonzert hat sich bereits mehrfach bewährt. Er hat es für Giuseppe Ferlendis komponiert, den gefeierten Oboenvirtuosen an der Hofkapelle in Salzburg. Und während Mozart in Mannheim ist, führt einer der besten Oboisten der Mannheimer Hofkapelle, Friedrich Ramm, dieses „Schlachtross“, wie Mozart es nennt, auf.Die Ursprungsfassung wurde erst 1950 wiederentdeckt
Aber kaum dass Mozart die Flötenvariante dazu komponiert hat, verschwindet das Oboenkonzert von der Bildfläche. Mit der Zeit erinnert sich niemand mehr an die Ursprungsfassung. Man hätte stutzig werden können: warum ist der Tonumfang für ein Flötenkonzert so klein? Warum gibt es für die Flöte so wenig hohe und virtuose Stellen? Musikkennern dämmert, dass die Flöte nicht das Originalinstrument sein kann. Sie forschen und entdecken schließlich Teile der Noten in den Archiven.Blondchen aus der „Entführung aus dem Serail“ grüßt
Seit 1950 darf nun die Oboe wieder glänzen in dem für die Flöte eigentlich gar nicht so passenden Konzert. Und die Oboisten freuen sich über ein Originalwerk für ihr Instrument, das so ganz und gar mozartisch ist mit einem anmutigen ersten Satz, einem schönen langsamen zweiten Satz und einem munteren dritten Satz, einem Rondo. Da können die Opernfreunde aufhorchen, denn die Melodie hört man Jahre später in Blondchens Arie „Welche Wonne, welche Lust“ in der „Entführung aus dem Serail“.Zur Interpretin: Céline Moinet
Céline Moinet stammt aus Lille und hat am Pariser Conservatoire studiert. Mit gerade mal 23 Jahren wird sie 2008 Solo-Oboistin der Staatskapelle Dresden und 2013 Professorin an der Dresdner Musikhochschule. Die Oboe hat sie als Kind für sich entdeckt, nicht unbedingt ein Instrument für kleine Mädchen, sagt sie. Die fühlten sich oft mehr zur Harfe hingezogen. Sie liebt an der Oboe die Nähe zur menschlichen Stimme und dass sie mit ihr „Menschen berühren“ könne.Das Oboenkonzert wurde zum Flötenkonzert
Mozart ist 1777/78 auf Besuch in Mannheim und trifft dort den Bonner Arzt Ferdinand Dejean, ein weitgereister Schiffsarzt, der darum den Namen „der Indianer“ trägt. Er hat Geld, spielt nebenher Flöte und bestellt bei Mozart drei Flötenstücke. Mozart braucht den Auftrag, steht aber unter Zeitdruck, denn er will weiter nach Paris. Außerdem bietet Mannheim in Liebesdingen viel Ablenkung. So bekommt Dejean nur zwei neue Werke. Für das dritte schreibt Mozart sein Oboenkonzert C-Dur einfach um.Das „Schlachtross“
Dejean ist sauer und kürzt das Honorar. Dabei ist es ja nicht unüblich damals, alte Werke als Blaupause für neue zu nehmen. Und Mozart weiß genau, was er da wählt für diesen Schnell-Schuss. Denn sein Oboenkonzert hat sich bereits mehrfach bewährt. Er hat es für Giuseppe Ferlendis komponiert, den gefeierten Oboenvirtuosen an der Hofkapelle in Salzburg. Und während Mozart in Mannheim ist, führt einer der besten Oboisten der Mannheimer Hofkapelle, Friedrich Ramm, dieses „Schlachtross“, wie Mozart es nennt, auf.Die Ursprungsfassung wurde erst 1950 wiederentdeckt
Aber kaum dass Mozart die Flötenvariante dazu komponiert hat, verschwindet das Oboenkonzert von der Bildfläche. Mit der Zeit erinnert sich niemand mehr an die Ursprungsfassung. Man hätte stutzig werden können: warum ist der Tonumfang für ein Flötenkonzert so klein? Warum gibt es für die Flöte so wenig hohe und virtuose Stellen? Musikkennern dämmert, dass die Flöte nicht das Originalinstrument sein kann. Sie forschen und entdecken schließlich Teile der Noten in den Archiven.Blondchen aus der „Entführung aus dem Serail“ grüßt
Seit 1950 darf nun die Oboe wieder glänzen in dem für die Flöte eigentlich gar nicht so passenden Konzert. Und die Oboisten freuen sich über ein Originalwerk für ihr Instrument, das so ganz und gar mozartisch ist mit einem anmutigen ersten Satz, einem schönen langsamen zweiten Satz und einem munteren dritten Satz, einem Rondo. Da können die Opernfreunde aufhorchen, denn die Melodie hört man Jahre später in Blondchens Arie „Welche Wonne, welche Lust“ in der „Entführung aus dem Serail“.Zur Interpretin: Céline Moinet
Céline Moinet stammt aus Lille und hat am Pariser Conservatoire studiert. Mit gerade mal 23 Jahren wird sie 2008 Solo-Oboistin der Staatskapelle Dresden und 2013 Professorin an der Dresdner Musikhochschule. Die Oboe hat sie als Kind für sich entdeckt, nicht unbedingt ein Instrument für kleine Mädchen, sagt sie. Die fühlten sich oft mehr zur Harfe hingezogen. Sie liebt an der Oboe die Nähe zur menschlichen Stimme und dass sie mit ihr „Menschen berühren“ könne.Vorherige Episode

Anastasia Kobekina und Jodyline Gallavardin spielen Debussys Cellosonate d-Moll
„Über das häufige Unverständnis meiner Musik gegenüber wundere ich mich nicht mehr“, schreibt Claude Debussy in einem Brief an Jacques Durand vom 16. Oktober 1916. Und des Weiteren gibt er seiner Verärgerung Ausdruck gegenüber solchen Virtuosen, „die Irrtum und Trostlosigkeit in sogenannten Konzertsälen verbreiten“. Diese Bemerkungen beziehen sich auf den Cellisten Louis Rossor, einen eigentlich mit Debussy befreundeten Musiker und Interpreten seiner Cellosonate. Doch dieser hatte behauptet, Debussy habe ihm das „Programm“ anvertraut, das diesem Werk zugrunde liegt: eine sehr banale Geschichte über die Figur des Pierrot, die Debussy empört zurückwies. Denn die Sonate war von Debussy — vor dem ernsten Hintergrund des Ersten Weltkriegs — als Verherrlichung der Musique française in bewusster Abgrenzung von der Musik der deutschen Spätromantik gedacht.
Anlehnung an die französische Sonatenkunst des Barock
Debussy plante 1915, nachdem er eine schwere Schaffenskrise überwunden hatte, einen Zyklus von sechs Sonaten für verschiedene Instrumente, von denen er nur drei vollenden konnte: die Cellosonate, eine zweite für Flöte, Viola und Harfe und als letzte die Violinsonate (1917). Keine von ihnen weist die traditionelle Viersätzigkeit und die akademischen Sonatenformen der deutschen Kammermusik auf, poetische Titel verweisen auf Außermusikalisches: auf Lyrik und Drama, Antike und Natur. Gemessen an den Werken von Jean-Philippe Rameau und François Couperin entwickelte er die Maximen seines französischen Stils: „Nichts kann entschuldigen, dass wir die Tradition der Werke eines Rameau vergessen haben, die in der Fülle ihrer genialen Einfälle fast einzigartig ist“. Die Gültigkeit und Perfektion seiner Kammermusik in dieser letzten Phase seines Komponierens haben Methode: Debussy konzipiert sie als Kristallisationspunkte seines Spätstils mit bewussten Querverbindungen zu eigenen und Werken des 17. und 18. Jahrhunderts.Ironie, Persiflage und spanisches Kolorit
Die Cellosonate beginnt mit einem Prolog, einer „französischen Ouvertüre“ in punktierten Rhythmen. Flirrende Bewegungen in gebrochenen Dreiklängen treten an die Stelle des fugierten Mittelteils der Barock-Ouvertüre. Der zweite Satz hat beißend-parodieartige Elemente, „ironique“ heißt u. a. eine der vielen Spielanweisungen. Mittels „Sempre Pizzicato“, gezupften Noten, ahmt das Cello eine scheinbar immer wieder unterbrochene Ständchen-Szene nach. Der Satz mündet unmittelbar in das wieder barock anmutende Finale, mit einer Mischung aus Passacaglia-Charakter und „Con-fuoco“- und „Appassionato“-Anweisungen. Aber auch spanisches Kolorit mit Anklängen an Debussys „Iberia“, aus seinem berühmt gewordenen „Images“-Klavierzyklus, prägen den Finalsatz.Nächste Episode

Johanna Pichlmair und Mamikon Nakhapetov spielen Schuberts Violinsonate a-Moll
Jeder junge Geiger kennt Schuberts Sonatinen für Violine und Klavier; Schubert selbst bezeichnete sie allerdings selbstbewusst schon als Sonaten, als er sie im März und April 1816 mit 19 Jahren komponierte. Die drei Sonaten D-Dur, a-Moll und g-Moll erhielten ihren heute gebräuchlichen Titel erst von dem Wiener Verleger Diabelli, als der die drei Werke acht Jahre nach Schuberts Tod 1836 herausgab. Damals, 20 Jahre nach ihrer Entstehung, mussten sie aufgrund ihrer Kürze und ihrer überschaubaren technischen Anforderungen als „Sonatinen“ gelten, da sich im Genre der Violinsonate mittlerweile die Grande Sonate, die Virtuosensonate im Stil von Beethovens Kreutzersonate, durchgesetzt hatte. Zu ihrem Image trug zusätzlich ihre hauptsächliche Verwendung in Unterricht und Hausmusik bei.
Schon typisch Schubert: Melodik und Lebendigkeit
Die Verkleinerungsform „Sonatine“ wurde wohl gewählt, weil die Stücke tatsächlich technisch nicht allzu schwer sind, vielleicht auch aus Vermarktungsgründen. Formal - in ihrer klaren Struktur und knappen Form - orientieren sich die Sonaten noch unmittelbar am Sonatenschaffen Mozarts und berücksichtigen dabei weniger die Weiterentwicklungen des Genres. Aber sie deuten in ihrer typisch Schubert'schen Melodik, ihrer Lebendigkeit und dem souveränen Umgang mit dem thematischen Material schon auf seine spätere individuelle Tonsprache hin. Der ausgefeilte Dialog der beiden Instrumente ist prägendes Merkmal, und so gehören die Sonaten zu den beliebtesten Stücken für die Besetzung Klavier und Violine überhaupt.Ton romantischer Melancholie
Im Kopfsatz der mittleren, der a-Moll-Sonate traf Schubert erstmals jenen unverwechselbaren Ton romantischer Melancholie, wie er auch in seinen Klaviersonaten und seinem a-Moll Streichquartett zu finden ist. Lange spannungsvolle Bögen im liedhaften Hauptthema und ein Seitenthema, das in jedem Spätwerk des Komponisten stehen könnte, kennzeichnen den Eingangssatz. Im Andante in F-Dur ist ein idyllisches Thema mit auffallenden Moll-Einbrüchen von Mozart inspiriert, und auch das abschließende Rondo erinnert in Form und Technik an die Finalsätze in Mozarts mittleren Sonaten. Der dritte Satz in d-Moll, ein fast grobes Menuetto, scheint dagegen eher von Haydn oder Beethoven zu stammen, mit einem ländlerartigen Trio und ungewöhnlichen chromatischen Harmonien.Wenn dir diese Episode gefällt, wirst du lieben
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