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Episoden der Mediation (INKOVEMA-Podcast) - #21 EdM - Konfliktmediationen mit Arbeitnehmervertretungen

#21 EdM - Konfliktmediationen mit Arbeitnehmervertretungen

06/27/24 • 11 min

Episoden der Mediation (INKOVEMA-Podcast)
Unterschiedliche Mediationskonstellationen im Kontext von Betriebsräten, Personalräten oder Mitarbeitervertretungen.

Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation,

dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.

Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.

Das ist Folge 21 – Konfliktmediationen mit Arbeitnehmervertretungen

Unterschiedliche Mediationskonstellationen im Kontext von Betriebsräten, Personalräten oder Mitarbeitervertretungen.

In der vergangenen Episode bin ich auf die Herausforderungen eingegangen, die die strukturellen Besonderheiten von AN-Vertretungen in Organisationen bei der mediativen Konfliktbearbeitung mit sich bringen.

Dabei habe ich den Ausgangspunkt, dass es sich um Organisationsmediation handelt, bei denen es letztlich nur eine Auftraggeberin gibt, namentlich die Organisation. Das würde für den Auftragsklärungsprozess dazu führen, dass eben dieser Klärungsprozess, was die Organisation, vertreten durch die GF/HR mit der Mediation, erreichen will, den Mediationsgesprächen im engeren Sinne, den eigentlichen Vermittlungsgesprächen vorgeschaltet werden muss- anders als bei einer klassischen Mediation.

Jedoch würde diese Vorgehensweise, die für eine Organisationsmediation bedeutsam ist, die besonderen (kollektivbezogenen) Rechte und damit die Stellung des Betriebsrats missachten. Für die Mediation und Organisationsberatung ist es daher ganz praktikabel, soweit der Betriebsrat Konfliktpartei ist(!), die Vorgehensweise einer klassischen Mediation zu wählen, bei der zwei gleichberechtigte Partner eine Mediation wünschen (oder auch nicht, was aber im Auftragsklärungsprozess, also in der Kontraktphase – Episoden 13 und 14). Der Betriebsrat kann also unter praktischen Erwägungen für eine Prozessberatung i.S.d. Mediation und Organisationsberatung als eine eigenständige Organisation der Organisation angesehen werden. Zwar gibt es den Betriebsrat nicht ohne die Organisation, aber dennoch führen die Rechte des Betriebsrats, die das Betriebsverfassungsgesetz verleiht, dazu, dass es sich im Rahmen dieser Rechte um eine eigenständige Organisation handelt, die auch so von externen Beratungspersonen behandelt werden können.

Zusammenfassend: Bei Organisationsmediationen, bei denen die Arbeitnehmervertretungen Konfliktpartei sind, kann man im Wege einer Klassischen Mediation vorgehen, also eine Mediation zwischen zwei gleichberechtigten oder besser nicht gegenseitig weisungsbefugten Konfliktparteien ansetzen.

So bin ich aktuell in einem Industriebetrieb für die Standortleitung und den Standortbetriebsrat als Mediator tätig, die diese Mediation ausgehandelt haben, um den eskalierenden Schritt zur Einigungsstelle zu verhindern. In diesem Spannungsfeld ist auch die Motivation zur Mediation anzusiedeln, denn keineswegs alle Personen in diesen Gremien und Personenkreisen sind von diesem Weg überzeugt – und bringen das auch zum Ausdruck.

Ich möchte aber noch auf eine weitere Besonderheit aufmerksam machen, auf die mich in den vergangenen Wochen die Praxis gestoßen hat: Ein Mitarbeiter hat in einer großen Wissenschaftsinstitution eine Mediation mit Kollegen und besonderen Beauftragten verlangt, nachdem Beschwerden über sein Verhalten dazu geführt haben, dass er formelle Anweisungen von seinem Arbeitgeber erhalten hat, die die Ausführung seiner gewohnten Arbeitsweise beschränkten. Diesen Anweisungen hat er sich, anwaltlich beraten und vertreten, entgegengestellt und eine Mediation mit den Beschwerdeführer*innen angeregt.

Der Fall weist in der Tat noch viele Aspekte auf, die ganz unterschiedlich gedeutet werden und für die Mediation selbst nicht ganz unproblematisch sind. Hier kommt es mir auf folgenden Punkt an: Die formelle Anweisung steht den anvisierten Mediationsgesprächen zwischen den unmittelbaren Kolleg*innen zunächst im Wege, denn diese Gespräche können diese Anweisungen nicht aus der Welt schaffen, deren Autorität aber durchaus untergraben.

Deshalb bin ich hier dem Weg gefolgt, zunächst zwischen den Vertreter*innen des Arbeitgebers und der angewiesenen Person Vermittlungsgespräche anzuberaumen, bei denen diese Konfliktparteien die Möglichkeit haben, sich gegenseitig ins Bild zu setzen, Ihre Ansprüche aneinander und auch Interessen darzulegen, vor allem aber auch die Leitplanken zu verdeutlichen, die möglicherweise, wenn auch unwissentlich übertreten wurden.

Und erst im Anschluss ist es dann möglich, soweit dann auch noch nötig, zwischen den Kolleginnen und besonders Beauftragten, ggf. auch den Organisationsklientinnen, also den Ku...

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Unterschiedliche Mediationskonstellationen im Kontext von Betriebsräten, Personalräten oder Mitarbeitervertretungen.

Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation,

dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.

Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.

Das ist Folge 21 – Konfliktmediationen mit Arbeitnehmervertretungen

Unterschiedliche Mediationskonstellationen im Kontext von Betriebsräten, Personalräten oder Mitarbeitervertretungen.

In der vergangenen Episode bin ich auf die Herausforderungen eingegangen, die die strukturellen Besonderheiten von AN-Vertretungen in Organisationen bei der mediativen Konfliktbearbeitung mit sich bringen.

Dabei habe ich den Ausgangspunkt, dass es sich um Organisationsmediation handelt, bei denen es letztlich nur eine Auftraggeberin gibt, namentlich die Organisation. Das würde für den Auftragsklärungsprozess dazu führen, dass eben dieser Klärungsprozess, was die Organisation, vertreten durch die GF/HR mit der Mediation, erreichen will, den Mediationsgesprächen im engeren Sinne, den eigentlichen Vermittlungsgesprächen vorgeschaltet werden muss- anders als bei einer klassischen Mediation.

Jedoch würde diese Vorgehensweise, die für eine Organisationsmediation bedeutsam ist, die besonderen (kollektivbezogenen) Rechte und damit die Stellung des Betriebsrats missachten. Für die Mediation und Organisationsberatung ist es daher ganz praktikabel, soweit der Betriebsrat Konfliktpartei ist(!), die Vorgehensweise einer klassischen Mediation zu wählen, bei der zwei gleichberechtigte Partner eine Mediation wünschen (oder auch nicht, was aber im Auftragsklärungsprozess, also in der Kontraktphase – Episoden 13 und 14). Der Betriebsrat kann also unter praktischen Erwägungen für eine Prozessberatung i.S.d. Mediation und Organisationsberatung als eine eigenständige Organisation der Organisation angesehen werden. Zwar gibt es den Betriebsrat nicht ohne die Organisation, aber dennoch führen die Rechte des Betriebsrats, die das Betriebsverfassungsgesetz verleiht, dazu, dass es sich im Rahmen dieser Rechte um eine eigenständige Organisation handelt, die auch so von externen Beratungspersonen behandelt werden können.

Zusammenfassend: Bei Organisationsmediationen, bei denen die Arbeitnehmervertretungen Konfliktpartei sind, kann man im Wege einer Klassischen Mediation vorgehen, also eine Mediation zwischen zwei gleichberechtigten oder besser nicht gegenseitig weisungsbefugten Konfliktparteien ansetzen.

So bin ich aktuell in einem Industriebetrieb für die Standortleitung und den Standortbetriebsrat als Mediator tätig, die diese Mediation ausgehandelt haben, um den eskalierenden Schritt zur Einigungsstelle zu verhindern. In diesem Spannungsfeld ist auch die Motivation zur Mediation anzusiedeln, denn keineswegs alle Personen in diesen Gremien und Personenkreisen sind von diesem Weg überzeugt – und bringen das auch zum Ausdruck.

Ich möchte aber noch auf eine weitere Besonderheit aufmerksam machen, auf die mich in den vergangenen Wochen die Praxis gestoßen hat: Ein Mitarbeiter hat in einer großen Wissenschaftsinstitution eine Mediation mit Kollegen und besonderen Beauftragten verlangt, nachdem Beschwerden über sein Verhalten dazu geführt haben, dass er formelle Anweisungen von seinem Arbeitgeber erhalten hat, die die Ausführung seiner gewohnten Arbeitsweise beschränkten. Diesen Anweisungen hat er sich, anwaltlich beraten und vertreten, entgegengestellt und eine Mediation mit den Beschwerdeführer*innen angeregt.

Der Fall weist in der Tat noch viele Aspekte auf, die ganz unterschiedlich gedeutet werden und für die Mediation selbst nicht ganz unproblematisch sind. Hier kommt es mir auf folgenden Punkt an: Die formelle Anweisung steht den anvisierten Mediationsgesprächen zwischen den unmittelbaren Kolleg*innen zunächst im Wege, denn diese Gespräche können diese Anweisungen nicht aus der Welt schaffen, deren Autorität aber durchaus untergraben.

Deshalb bin ich hier dem Weg gefolgt, zunächst zwischen den Vertreter*innen des Arbeitgebers und der angewiesenen Person Vermittlungsgespräche anzuberaumen, bei denen diese Konfliktparteien die Möglichkeit haben, sich gegenseitig ins Bild zu setzen, Ihre Ansprüche aneinander und auch Interessen darzulegen, vor allem aber auch die Leitplanken zu verdeutlichen, die möglicherweise, wenn auch unwissentlich übertreten wurden.

Und erst im Anschluss ist es dann möglich, soweit dann auch noch nötig, zwischen den Kolleginnen und besonders Beauftragten, ggf. auch den Organisationsklientinnen, also den Ku...

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undefined - #20 - Organisationsmediationen im Angesicht von Arbeitnehmervertretungen

#20 - Organisationsmediationen im Angesicht von Arbeitnehmervertretungen

Welchen Einfluss haben Betriebsräte, Personalräte und Mitarbeitervertretungen auf die Organisationsmediation?

Eine Mediation zwischen der Vertretung der Arbeitnehmerschaft (BR, PR, MAV) und dem Arbeitgeber (Geschäftsleitung bzw. Personalleitung) ist keineswegs ungewöhnlich, aber in ihrer Anlage und Durchführung auch keineswegs selbstverständlich. Zudem kommt, dass die AN-Vertretung auch lediglich am Spielfeldrand des Konflikts steht, aber jederzeit bereit, genau dieses zu betreten. Arbeitnehmervertretungen können sich faktisch selbst einwechseln.

Um dieses strukturell bedingte Konfliktverhältnis zwischen Arbeitnehmervertretungen und den jeweiligen Organisationen soll es in dieser Episode gehen. Denn wir können an diesen Konfliktverhältnissen Grundideen der Mediation sowie gängige Praktiken der Mediation auf den Prüfstand stellen. Ich möchte also Einblick in meine Praxis mit diesen Konfliktkonstellationen geben, andererseits aber auch Grundbausteine und Praktiken der klassischen Mediation reflektieren und ihre Anwendungen lehren.

Wenn Du im Zuge der Episode Fragen hast, sende mir doch eine Sprachnachricht - und ich werde sie in der nächsten Sendung bzw. im Podcast Gut durch die Zeit beantworten, bei dem ich regelmäßig, namentlich wöchentlich veröffentliche.

Die Inhalte dieser Episode stammen aus Beispiele aus meiner beraterischen und mediatorischen Praxis der vergangenen Jahre und umfassen hier ca. knapp drei Dutzend Konfliktberatungen, bei denen Betriebsräte direkt involviert waren bzw. durch meine Intervention involviert wurden.

Hier deutet sich schon eine erste Erkenntnis an, wenn wir zu Konflikten in Unternehmungen und Organisationen hinzugerufen werden: Arbeitnehmervertretungen sind keineswegs immer Konfliktpartei, aber infolge Ihrer „kollektivbezogenen Rechte“ stets im Einzugsgebiet des Konflikts. Gerade weil die von der Organisation initiierte mediative Konfliktbearbeitung den BR auf den Plan ruft bzw. rufen sollte, ist es für Mediatoren nicht die schlechteste Idee, sie immer mitzudenken, auch wenn sie nicht vom Auftraggeber benannt werden. Dann müssen wir proaktiv im Auftragsklärungsprozess nachfragen, ob es eine AN-Vertretung gibt, inwiefern sie informiert ist oder es überlegenswert ist, diese aktiv einzuschalten - proaktiv von Seiten der GL oder PL! Das erscheint für uns Externe mitunter riskant, lohnt sich aber in aller Regel und in jeder Hinsicht. Wenig ist ärgerlicher und fällt auf uns Externe zurück, wenn sich im Laufe des Mediationsprozesses oder gar erst im Anschluss der BR oder die MAV einschalten würde und all die bereits getane Arbeit in Frage stellt, in Frage stellen muss, weil AN-Rechte nicht beachtet wurden. Das ist auch für die beauftragende Organisation in aller Regel ärgerlich.

Welche Herausforderungen stellen sich bei Organisationsmediationen mit Blick auf die AN-Vertretungen (Betriebsräte und Personalräte, MAV)?

1. Im Grundsatz handelt es sich um eine Organisationsmediation, d.h. es gibt nur eine Auftraggeberin - anders als bei einer klassischen Mediation, bei in aller Regel zwei Auftraggeberseiten die Mediation beauftragen. Dennoch ähnelt in Mediationen, bei denen ein BR eine Mediationspartei ist, die Grundstruktur einer klassischen Mediation. Denn die GL oder PL kann den BR/PR nicht die Mediation, genauer gesagt, den Beginn einer Mediation anordnen. Die BR-Mitglieder sind mit besonderen Rechten ausgestattet, weshalb der Start einer Mediation nicht im Einzugsbereich des arbeitgeberrechtlichen Direktionsrecht liegt. Wie bei einem klassischen privaten Konflikt startet die Mediation überhaupt nur dann, wenn „vorab“ beide Konfliktparteien zugestimmt haben, also von der Mediation als Verfahren und dem Mediator als Vermittler überzeugt sind. Sie können nicht erst in der Mediation überzeugt werden! Dort verlieren sie allenfalls ebenjene wieder. Was heißt das für die Praxis? Halte als angefragte Vermittlungsperson so früh wie möglich danach Ausschau, wenn sich eine passende Gelegenheit ergibt, nach der Existenz, der Involviertheit oder Einbindung der ANVertretung zu fragen, ohne aber freilich taktlos und herumpolternd aufzutreten! Verwende mit der Auftraggeberperson ausreichend Zeit für die Frage, was die klügste und passendste Vorgehensweise ist, den BR anzusprechen und zur Mediation einzuladen. Zu Beginn der Coronazeit hatte ich ein IT-Team betreut, bei dem ein Mitglied auch im BR war und für den Institutsleiter zunächst kein Grund bestand, den Betriebsrat seinerseits einzubinden in seine Absicht, mit Hilfe einer Mediation die Konflikte in diesem Team beizulegen. Um jedoch die Rollenvielfalt im Blick zu behalten und die potenzielle Wirkkraft der AN-Vertretung angemessen zu würdigen, war es angezeigt, den BR formell korrekt zu informieren und einzuladen, die Mediation aktiv zu unterstützen. Es war keineswegs ausgemachte Sache, dass das Teammitglied diesen seinen Konflikt auch im Betriebs...

Nächste Episode

undefined - #22 EdM - Unfreiwillige Mediationen

#22 EdM - Unfreiwillige Mediationen

Welche Mediationskonstellationen sind eindeutig unfreiwillig und damit keine erlaubte Mediation?

Das Merkmal der Freiwilligkeit ist ein konstitutives Merkmal der Mediation und Konkretisierung des Eigenverantwortlichkeitsprinzips, das die Mediation als Konfliktbearbeitungsverfahren überragt. Ohne Eigenverantwortlichkeit ist Mediation nicht durchführbar und damit auch nicht ohne Freiwilligkeit. ABER - und das ist wichtig - Mediation ist kein hedonistisches Verfahren. Für den Hedonismus ist das höchste ethische Prinzip das Streben nach Sinneslust und Sinnesgenuss. Und davon kann bei Mediation nicht die Rede sein.

Auch in einer Welt, die den Individualismus fördert, z.B. durch individuelle Rechte, Menschen- sowie auch Grundrechte, in dieser Welt, die sich granulär ausnimmt, singuläre Persönlichkeiten produziert, generell die Persönlichkeitsentfaltung und vor allem -entwicklung fordert, die das Selbstmanagement bis hin zur Selbstoptimierung belohnt, auch in dieser Welt ist Mediation keineswegs nur denjenigen vorbehalten, die darin Lust verspüren, an ihren Konflikten zu wachsen und Mediation als transformative Veranstaltung interpretieren.

Mediation findet im Prinzip auch dann freiwillig statt, wenn die Beteiligten Unlust, Unbehagen, ja mitunter auch Ekel und Entsetzen empfinden. Vergleichbare Phänomene, die Menschen freiwillig, wenn auch mit Unbehagen ausführen, ist das schlecht schmeckende Mittagessen, das sich gekauft wurde (aber Essen muss der Mensch ja!); die Ehe, die zwar aufgelöst werden könnte, zuweilen - aus medizinischer, Kindeswohl oder sonst dritter Sicht auch müsste, aber dennoch fortgeführt wird; ebenso das Arbeitsverhältnis, das keineswegs ein Zwangsverhältnis ist, erst recht nicht in einem Sozialstaat, in dem sich zunehmend mehr ein Arbeitnehmermarkt etabliert. Die Auflistung könnte noch um viele ähnliche Phänomen fortgeführt werden. Deutlich wird jedoch bereits hier, dass der Begriff der Freiwilligkeit nicht allein an subjektiven Empfindungen in einem subjektiv definierten Zeitmoment geknüpft werden kann, sondern sich diese Empfindungen in einem objektiven Korsett einfügen müssen. Oder kurz: Mediation ist keine hedonistische Veranstaltung, ich sage es gern noch einmal an dieser Stelle.

So hat schon die europäische Mediations-Richtlinie 2008/52/EG in Art. 3 betont, dass ein richterlicher Vorschlag, eine richterliche Anordnung oder eine gesetzliche Vorgabe zu einer Mediation möglich und rechtmäßig ist.

Und in der Praxis ist dieses Thema ebenso relevant wie verwirrend, fordert die Mediator*innen ebenso wie die Auftraggeberpersonen und Konfliktparteien gleichermaßen heraus. Bei mir jedenfalls sind die Mediationen schlichtweg ungezählt, bei denen ich mit den Konfliktparteien darüber sprechen musste, was Freiwilligkeit im Sinne des Gesetzes meint - und inwiefern sie freiwillig mitmachen (müssten).

Ebenso ist das Merkmal als gesetzliches Merkmal des § 1 Abs. 1 MediationsG umstritten. Danach ist die Mediation ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren ist, bei dem die Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben. Und nach § 2 Abs. 2 MediationG hat sich die Mediationsperson zu vergewissern, ob die Konfliktparteien freiwillig an der Mediation teilnehmen. Also Gespräche zur Freiwilligkeit fordert das Mediationsgesetz!

Unter Jurist*innen ist dieses gesetzliche Merkmal auch umstritten - und Gerichte hatten bisher nicht viele Möglichkeiten, die Auslegung dieses Merkmals zu praktizieren und damit zu vertiefen.

Und unter Mediator*innen ist dieses Merkmal wohl noch mehr umstritten.

Deshalb ist es wichtig, die Fragestellungen klar zu definieren und sich über das Verhältnis von Recht und Mediation bewusst zu bleiben: Die Frage nach der Freiwilligkeit ist einerseits juristisch eine Frage der Rechtmäßigkeit der Mediation; aber andererseits und zudem(!) mediatorisch eine Frage nach der Praktikabilität der Mediation.

Auch wenn das Gesetz noch Freiwilligkeit erkennt, bedeutet das nicht, dass alle Mediatorinnen die Mediation auch durchführen würden. Unter professionellen Aspekten kann man als Mediatorin durchaus höhere Ansprüche an die Verfasstheit der Konfliktparteien stellen als das das Mediationsgesetz macht. Nur eben geringere Ansprüche reichen nicht aus. Das ist die Logik des Gesetzes.

Ich möchte mich in diesem praxisorientierten Lehrpodcast den unterschiedlichen Facetten dieses Merkmals in den kommenden Episoden nähern, anhand von Praxisfällen, soweit möglich, das Verständnis vertiefen.

Heute beginne ich damit, Fallkonstellationen zu verdeutlichen, in denen - soweit ich die Literatur und Meinungsvielfalt dazu überblicke - unzweifelhaft Unfreiwilligkeit gegeben ist. Widersprüche und andere Meinungen sind freilich erlaubt - und in den Kommentaren auf der Webseite oder in den Sozialen Medien bzw. per E-mail erwünscht.

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