
Bericht 6 - Kurz beim Arzt: Teil 2
Warnung: Explizite Inhalte
02/12/21 • 11 min
2.) Bericht 01: Kurz zum Arzt – Teil 2
Heute ist noch immer „Ärzte-Tag“ - der Tag, an dem ich versuche, möglichste viele Termine an nur einem Urlaubstag zu erledigen. Station 1 habe ich bereits überlebt – also nichts wie weiter zu:
Station 2: Zahnarzt, nur zur Kontrolle
Zahnärzte sind sicherlich in der Rangliste der unbeliebtesten Ärzte unter den Top 3. Ich persönlich hatte bisher allerdings immer ziemliches Glück und musste keine großen Torturen über mich ergehen lassen. Vor allem bei den jährlichen Routine-Untersuchen komme ich immer sehr schnell mit allem durch: mein Rekord liegt bei 7 Minuten ab dem Betreten der Praxis. Keine Löcher, kein Zahnstein, nix wackelt oder bröckelt.
Entsprechend routiniert melde ich mich an und bin nicht überrascht, auch dieses Mal wieder direkt in den Behandlungsraum geführt zu werden. Dort nehme ich Platz und sogleich kommt auch schon die Ärztin herein.
Doch halt, die Ärztin ist es nicht. Diese Person schein mir neu in der Praxis, in der ich schon seit Kindertagen Patient bin.
- „GUTEN TAG HERR ANTHROP, WIE GEHT ES IHNEN?"
- "Och danke, soweit ganz gu..."
- "HABEN SIE SCHON EINMAL ÜBER EINE PROFESSIONELLE ZAHNREINIGUNG NACHGEDACHT? DAS WÜRDE SICH AUCH BEI IHNEN ANBIETEN. DAS, WAS DIE KRANKENKASSEN BEI DER KONTROLLE ÜBERNEHMEN REICHT JA EIGENTLICH VORNE UND HINTEN NICHT AUS. DABEI IST MIT ZAHNSTEIN NICHT ZU SPASSEN. ABER SIE WISSEN JA WIE KRANKENKASSEN SIND. MANCHE ÜBERNEHMEN DANN EINEN TEIL DER KOSTEN, DA MÜSSTEN SIE MAL SCHAUEN, ANSONSTEN MÜSSTEN SIE DIE SELBER BEZAHLEN. ABER ICH WÜRDE DIE IN IHREM FALL SCHON WIRKLICH EMPFEHLEN."
- "Ähm... soll ich den Mund nicht vielleicht erstmal aufmachen, damit Sie schauen kö..."
- "SIE KÖNNEN DANN VORNE EINFACH EINEN TERMIN MACHEN. FRAU DOKTOR KOMMT DANN NUN GLEICH ZU IHNEN."
Etwas irritiert lässt sich mich zurück, verlässt den Raum und noch bevor sie die Tür hinter sich zugezogen hat höre ich sie noch rufen "Frau Inge Müller bitte in Zimmer 1".
Erst als dann die gewohnte Person für die Belange rund um meine Beißer durch die Tür rauscht, kehre ich auch gedanklich ins „Hier und Jetzt“ zurück. Ohne viel Geplänkel werde ich in den Stuhl gedrückt und das gleißende Licht des Arztstuhl-Strahlers nimmt mir umgehend mein Sehvermögen. Ein erneuter großzügiger Schuss Desinfektionsmittel auf die behandschuhten Hände sorgt dafür, dass sich kurz darauf der Geruch des Mittels gleichermaßen gnadenlos in meiner Nase festsetzt, wie sich zeitgleich dessen Geschmack auch auf meiner Zunge ausbreitet, während die gute Frau Doktor gefühlt mit 12 Fingern in meinem Mundraum rumfuhrwerkt.
Nahezu aller meiner Sinne beraubt bin ich nun ein leichtes Opfer für Smalltalk.
- „NA PHIL, WIE GEHT ES IHNEN? GUT INS NEUE JAHR GEKOMMEN? MAN KANN JA NUR HOFFEN, DAS ES BESSER WIRD ALS DAS LETZTE, NE? ABER WAS WILL MAN MACHEN, ODER? WEGFAHREN FEHLT EINEM JA SCHON AUCH, STIMMT’S? HATTEN SIE DA AUCH SCHON PLÄNE? JA KANN MAN ALLES VERGESSEN, NE? HOFFEN WIR MAL DAS DIE IMPFEN HELFEN, WA‘? WÜRDEN SIE SICH IMPFEN LASSEN? ALSO WIR ALS ÄRZTE MÜSSEN JA..."
Der weitere Verlauf des Monologs geht in dem ohrenbetäubendem Rauschen des Speichelsaugers unter. Nicht tragisch, da ich eh nicht antworten kann, weil mittlerweile auch noch die dazugekommene zahnmedizinische Fachangestellte mit weiteren 17 Fingern in meiner Kiefergegend herumrödelt.
„Speichelsauger“ – sollte ich mal als Gerät wiedergeboren werden, wäre das sicher eines der letzten, dass ich mir aussuchen würde. Manche scheinen das allerdings in ihrem vorherigen Leben bereits gewesen zu sein, so läuft mir der ein oder andere „Speichelsauger“ doch auch im Büro über den Weg. Kurz erinnere ich mich noch, dass man mir mal erzählt hat, dass man den kleineren Speichelsauger Kindern gegenüber auch „den kleinen Schlürfer“ nennt, da wird plötzlich von mir abgelassen und ich habe meinen Mund wieder für mich und auch meine Sehkraft zurück.
Man hat nichts gefunden und ich kann gehe. Ich bedanke und verabschiede mich und verlasse die Praxis. In meinem Auto schaue ich in den Rückspiegel: okay, ich sehe nicht aus wie Steven Tyler – mein Mund wurde also nicht wie befürchtet komplett ausgedehnt und sieht normal aus. Also weiter geht es: zur letzten Station für heute:
_Station 3: Orthopäde, Röntgen _
Pünktlich um 11:10 Uhr komme ich für meinen Termin um 11:20 Uhr in der orthopädischen Klinik von Doktor Grätenklaus an und verweile im Wartezimmer.
Jetzt ist es mittlerweile 12:40 Uhr.
Um mich herum stapeln sich die Leute, von CORNONA-Abstand keine Spur – aber auch keine Chance: Teilweise warten auch schon Patienten außerhalb der Praxis in der Eingangshalle. Ich sitze in eine Ecke gequetscht und versuche meine Schulter im Gemäuer zu versenken, um zu meinem Nebenmann wenigstens den physisch maximal möglichen Abstand zu erzi...
2.) Bericht 01: Kurz zum Arzt – Teil 2
Heute ist noch immer „Ärzte-Tag“ - der Tag, an dem ich versuche, möglichste viele Termine an nur einem Urlaubstag zu erledigen. Station 1 habe ich bereits überlebt – also nichts wie weiter zu:
Station 2: Zahnarzt, nur zur Kontrolle
Zahnärzte sind sicherlich in der Rangliste der unbeliebtesten Ärzte unter den Top 3. Ich persönlich hatte bisher allerdings immer ziemliches Glück und musste keine großen Torturen über mich ergehen lassen. Vor allem bei den jährlichen Routine-Untersuchen komme ich immer sehr schnell mit allem durch: mein Rekord liegt bei 7 Minuten ab dem Betreten der Praxis. Keine Löcher, kein Zahnstein, nix wackelt oder bröckelt.
Entsprechend routiniert melde ich mich an und bin nicht überrascht, auch dieses Mal wieder direkt in den Behandlungsraum geführt zu werden. Dort nehme ich Platz und sogleich kommt auch schon die Ärztin herein.
Doch halt, die Ärztin ist es nicht. Diese Person schein mir neu in der Praxis, in der ich schon seit Kindertagen Patient bin.
- „GUTEN TAG HERR ANTHROP, WIE GEHT ES IHNEN?"
- "Och danke, soweit ganz gu..."
- "HABEN SIE SCHON EINMAL ÜBER EINE PROFESSIONELLE ZAHNREINIGUNG NACHGEDACHT? DAS WÜRDE SICH AUCH BEI IHNEN ANBIETEN. DAS, WAS DIE KRANKENKASSEN BEI DER KONTROLLE ÜBERNEHMEN REICHT JA EIGENTLICH VORNE UND HINTEN NICHT AUS. DABEI IST MIT ZAHNSTEIN NICHT ZU SPASSEN. ABER SIE WISSEN JA WIE KRANKENKASSEN SIND. MANCHE ÜBERNEHMEN DANN EINEN TEIL DER KOSTEN, DA MÜSSTEN SIE MAL SCHAUEN, ANSONSTEN MÜSSTEN SIE DIE SELBER BEZAHLEN. ABER ICH WÜRDE DIE IN IHREM FALL SCHON WIRKLICH EMPFEHLEN."
- "Ähm... soll ich den Mund nicht vielleicht erstmal aufmachen, damit Sie schauen kö..."
- "SIE KÖNNEN DANN VORNE EINFACH EINEN TERMIN MACHEN. FRAU DOKTOR KOMMT DANN NUN GLEICH ZU IHNEN."
Etwas irritiert lässt sich mich zurück, verlässt den Raum und noch bevor sie die Tür hinter sich zugezogen hat höre ich sie noch rufen "Frau Inge Müller bitte in Zimmer 1".
Erst als dann die gewohnte Person für die Belange rund um meine Beißer durch die Tür rauscht, kehre ich auch gedanklich ins „Hier und Jetzt“ zurück. Ohne viel Geplänkel werde ich in den Stuhl gedrückt und das gleißende Licht des Arztstuhl-Strahlers nimmt mir umgehend mein Sehvermögen. Ein erneuter großzügiger Schuss Desinfektionsmittel auf die behandschuhten Hände sorgt dafür, dass sich kurz darauf der Geruch des Mittels gleichermaßen gnadenlos in meiner Nase festsetzt, wie sich zeitgleich dessen Geschmack auch auf meiner Zunge ausbreitet, während die gute Frau Doktor gefühlt mit 12 Fingern in meinem Mundraum rumfuhrwerkt.
Nahezu aller meiner Sinne beraubt bin ich nun ein leichtes Opfer für Smalltalk.
- „NA PHIL, WIE GEHT ES IHNEN? GUT INS NEUE JAHR GEKOMMEN? MAN KANN JA NUR HOFFEN, DAS ES BESSER WIRD ALS DAS LETZTE, NE? ABER WAS WILL MAN MACHEN, ODER? WEGFAHREN FEHLT EINEM JA SCHON AUCH, STIMMT’S? HATTEN SIE DA AUCH SCHON PLÄNE? JA KANN MAN ALLES VERGESSEN, NE? HOFFEN WIR MAL DAS DIE IMPFEN HELFEN, WA‘? WÜRDEN SIE SICH IMPFEN LASSEN? ALSO WIR ALS ÄRZTE MÜSSEN JA..."
Der weitere Verlauf des Monologs geht in dem ohrenbetäubendem Rauschen des Speichelsaugers unter. Nicht tragisch, da ich eh nicht antworten kann, weil mittlerweile auch noch die dazugekommene zahnmedizinische Fachangestellte mit weiteren 17 Fingern in meiner Kiefergegend herumrödelt.
„Speichelsauger“ – sollte ich mal als Gerät wiedergeboren werden, wäre das sicher eines der letzten, dass ich mir aussuchen würde. Manche scheinen das allerdings in ihrem vorherigen Leben bereits gewesen zu sein, so läuft mir der ein oder andere „Speichelsauger“ doch auch im Büro über den Weg. Kurz erinnere ich mich noch, dass man mir mal erzählt hat, dass man den kleineren Speichelsauger Kindern gegenüber auch „den kleinen Schlürfer“ nennt, da wird plötzlich von mir abgelassen und ich habe meinen Mund wieder für mich und auch meine Sehkraft zurück.
Man hat nichts gefunden und ich kann gehe. Ich bedanke und verabschiede mich und verlasse die Praxis. In meinem Auto schaue ich in den Rückspiegel: okay, ich sehe nicht aus wie Steven Tyler – mein Mund wurde also nicht wie befürchtet komplett ausgedehnt und sieht normal aus. Also weiter geht es: zur letzten Station für heute:
_Station 3: Orthopäde, Röntgen _
Pünktlich um 11:10 Uhr komme ich für meinen Termin um 11:20 Uhr in der orthopädischen Klinik von Doktor Grätenklaus an und verweile im Wartezimmer.
Jetzt ist es mittlerweile 12:40 Uhr.
Um mich herum stapeln sich die Leute, von CORNONA-Abstand keine Spur – aber auch keine Chance: Teilweise warten auch schon Patienten außerhalb der Praxis in der Eingangshalle. Ich sitze in eine Ecke gequetscht und versuche meine Schulter im Gemäuer zu versenken, um zu meinem Nebenmann wenigstens den physisch maximal möglichen Abstand zu erzi...
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Bericht 6 - Kurz beim Arzt: Teil 1
Arztbesuche machen mich krank
2.) Bericht 01: Kurz zum Arzt – Teil 1
- "PRAXIS DOKTOR HAUSMEIER, SIE WÜNSCHEN?"
- "Guten Morgen, mein Name ist Phil Anthrop, ich habe eine Platzwunde an der Stirn - die ist nicht groß, aber sie blutet und ich würde die gerne versorgen lassen, bevor sich da eine Narbe..."
- "WAR DAS EIN ARBEITSUNFALL? DANN KÖNNEN WIR SIE LEIDER NICHT AUFNEHMEN."
- "Ähm, nein, das war kein Arbeitsunfall, das ist..."
- "SIND SIE SCHON PATIENT BEI UNS?"
- "Nein, das nicht, ich bin vor kurzem erst hergezogen..."
- "WIR KÖNNEN LEIDER NIEMANDEM AUFNEHMEN."
- "Also ich möchte ja auch eigentlich nur gerade die Wunde behandelt wissen, ich wohne zu Fuß nur 2 Minuten..."
- "SIND SIE PRIVATVERSICHERT?"
- "N...nee das nicht..."
- "WIR KÖNNEN LEIDER KEINEN MEHR AUFNEHMEN... WER IST DENN IHR HAUSARZT?"
- "Das ist Doktor Schmalz, aber durch den Umzug ist der jetzt 40km..."
- "DANN MÜSSEN SIE ZU DEM FAHREN."
- "Mir läuft Blut aus dem Kopf!!!"
...
Heute ist Ärztetag. Zu diesem Anlass habe ich - minutiös abgestimmt - direkt mehrere Termine auf den heutigen Tag gelegt. Ja, das ist gewagt - aber so nutze ich einen Urlaubstag wenigstens effizient aus. Und meistens brauche ich eh nicht lange für die Routine-Untersuchungen.
Ich habe also rechtzeitig herumtelefoniert, um mir die Termine möglichst passend zu reservieren. Damit das klappt, rief ich zuerst bei dem Arzt an, bei dem ich damit rechne, am wenigsten zeitnah einen Termin zu bekommen:
- "OrthopädischeKlinikDoktorGrätenklausWaskannichfürSietun?"
- "Äh, wo bin ich da jetzt?"
- "OrthopädischeKlinikDoktorGrätenklausWaskannichfürSietun?"
- "Ah, äh, mein Name ist Phil Anthrop, ich hätte gerne einen Termin..."
- "Donnerstag, 01.02.2021um11:20UhrBringenSieWartezeitmit."
...
So oder so ähnlich liefen dann auch die anderen Gespräche ab, nur dass ich es dabei wie auch immer geschafft habe, den 01.02. als Wunschdatum irgendwie so in den Hörer zu schreien, dass es tatsächlich registriert, verstanden und berücksichtigt wurde.
Nun ist also der Tag gekommen: Station 1: Hausarzt, Blutabnahme.
Ich komme 5 Minuten vor Öffnung - und damit 20 Minuten vor meinem Termin - an der Praxis an und reihe mich in die beachtliche Schlange an Rentnern ein. Wie ein silber-weißer Schlauch war dieser auch schon von meinem ein Stück weit entfernten Innenstadt-Parkplatz aus zu erkennen und das Röcheln, Husten und gegenseitige Wehklagen gut zu vernehmen.
Man kennt sich und muss sich natürlich gegenseitig auf dem Laufenden halten, was genau sich alles, seit dem man sich erst gestern in der selben Schlange getroffen hat, alles noch weiter verschlechtert hat. Dabei fällt auf, dass es wohl weniger darum geht, ein wechselseitiges Gespräch zu führen, sondern mehr darum, selber aktiv zu klagen. So reden alle gleichzeitig und durcheinander; zuhörend wirkt dabei niemand.
Erstaunlich, wo doch aber scheinbar wirklich alle wissen, wie es um den Gesundheitszustand von "Inge" steht. Denn wenn man gerade nicht von sich selber redet, redet man von Inge. "Hast du das von Inge gehört?" hört man von allen Seiten und ohne dass jemand darauf antwortet wird dann, nach der Wiedergabe des eigenen Status, über den Status von eben jener Inge gesprochen. Warum man sich gegenseitig erzählt, was scheinbar eh jeder weiß, kann ich nicht ganz nachvollziehen - aber da gibt es so vieles, was ich nicht nachvollziehen kann.
Dann öffnet sich die Tür - und die Stampede nimmt seinen Lauf. Die die Tür öffnende und offensichtlich erfahrene Arzthelferin ergreift direkt die Flucht ins Innere der Praxis, denn was der in Bewegung geratene graue Lawine an Schnelligkeit fehlt, macht sie mit Resolutheit wieder wett.
Ich, der die Wartezeit damit verbracht hat, den perfekten Laufweg zu erdenken und diesen immer wieder bis zum Startschuss im Kopf durchzugehen, schaffe es mit einigen Körpertäuschungen und Finten tatsächlich noch als erster in den Empfangsraum der Praxis - auch weil die silberne Flut kurz an einer Stufe brandet.
Nach abgeschlossener Anmeldung betrete ich also das Wartezimmer. Darin sitzen bereits drei ältere Herrschaften, die ihre Pflichtarbeitszeit augenscheinlich bereits seit längerem erfolgreich hinter sich gebracht haben. Wie zur Höllen haben die das geschafft? Gibt es hier einen VIP-Eingang? Oder sitzen die seit gestern noch immer hier? Der deutsche Rentner scheint mir jedenfalls vor nichts zurück zu schrecken, um die arbeitnehmerfreundlichen Uhrzeiten zu blockieren.
Ich nehme also neben einem Stapel "Lesezirkel"-Zeitschriften Platz und warte, während sich das Wartezimmer durch die nachrückende Rentnerschaft langsam weiter füllt. Im Sog derer mitgerissen wurde dann scheinbar noch eine Mutter mit ihrem circa fün...
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Bericht 7 - Kurz vom Umzug
Wohnst du noch oder nervt es schon?
Bericht 7: Nur kurz Umzug
Hach ja, wie gut es tut in den heimischen 4 Wänden zu sitzen, geschützt vor Wind und Wetter – und vor allem: vor anderen Menschen!
Denn auch wenn es MISANTHROPOLIS mit Hilfe von Funk, Fernsehen und Internet dennoch versucht, mich mit seinen ekeligen Fühlern hier drin zu erreichen, so gelingt es mir hier immerhin, der direkte Konfrontation mit anderen Personen zu entfliehen. Ein Schutzbunker mit autonomer Versorgung wäre sicher noch etwas besser, aber für den Moment bin ich erstmal zufrieden.
Das war allerdings nicht immer so. Bis ich dieses Domizil gefunden und bezogen hatte, musste ich so einiges ertragen...
...
Es gab eine Zeit, in der wohnte der junge Phil in einem Mehrparteienhaus zur Miete. Was ein Irrwitz, wenn man es aus der heutigen Perspektive betrachtet. Was ich damals nicht wusste: die „Road to Misanthropolis“ hatte ich da schon betreten und ich bin sie da offensichtlich nicht nur geschlendert, offenbar bin ich gesprintet und habe mich wohl so manches Mal auch als Anhalter auch noch mitnehmen lassen...
Schon der Einzug war recht... sagen wir „interessant“. Nach einer Besichtigung mit mehreren Interessenten und einem dabei gewonnenen „Okay, für eine Zeit wird das schon gehen“-Eindruck habe ich noch am gleichen Abend die Vermieterin angerufen, um ihr mitzuteilen, dass ich die Wohnung gerne verbindlich nehmen möchte.
- „Schönen guten Abend, Phil Anthrop hier. Ich wollte mich wegen Ihrer Wohnung einmal melden.“
- „MEINER WOHNUNG?“
- "Ja, die die ich heute Nachmittag besichtigt hatte."
- „DA MÜSSEN SIE SICH VERWÄHLT HABEN, ICH WAR HEUTE NACHMITTAG GAR NICHT ZUHAUSE.“
- "Also ich meine nicht die Wohnung, in der Sie selber wohnen, sondern die, die Sie vermieten."
- „ACHSO, SAGEN SIE DAS DOCH GLEICH. JA DA WAR ICH HEUTE NACHMITTAG.“
- "Ja...das...weiß ich... ich nämlich auch. Darum rufe ich an: ich würde die Wohnung gerne nehmen."
- „OH, JA ACHSO. JA ALSO, ICH WEISS NICHT... DA WAREN JA NOCH ANDERE INTERESSENTEN.“
- „Ja das stimmt.“
- „JA DA WEIß ICH JA JETZT NICHT, OB DA NUN JEMAND VON DEN ANDEREN DIE WOHNUNG HABEN MÖCHTE?“
- „Aber Sie wissen doch jetzt, das ICH die Wohnung gerne auf jeden Fall haben möchte.“
- „JA...JA, DA HABEN SIE JA AUCH RECHT. NEE GUT, DANN MACHE ICH SOWEIT DEN VERTRAG FERTIG UND VEREINBAREN EINEN TERMIN, WEGEN DER UNTERSCHTIFT.“
Nach erfolgter Unterschrift folgt am gleichen Tag dann nochmal eine „Feininspektion“ der mittlerweile komplett leeren Wohnung, zusammen mit der Vermieterin nebst Ehemann und ihrer Mutter Hannelore, welche ihr Rentner-Dasein ebenfalls in diesem Haus fristet. Während Herr und Frau Vermieter eine Wand im Wohnzimmer begutachten, stehe ich mit Hannelore in der Küche.
- „DER FLIESENSPIEGEL IST NOCH VON MEINEM ERSTEN MANN, DEN HAT ER MIT SEINEN EIGENEN HÄNDEN NOCH DORT ANGEBRACHT, GOTT HAB IHN SELIG...“
- „Oh, ja Mensch, da hängen dann sicher auch noch schöne Erinnerun...“
- „DIE KANNST‘E WEGSCHLAGEN, DIE FAND ICH DAMALS SCHON HÄSSLICH!“
Überrumpelt lässt sie mich stehen und betritt ebenso wie anschließend auch ich das Wohnzimmer. Herr Vermieter hockt vor einer der Wände, hinter ihm steht seine Frau:
- „SEHEN SIE DIESE WAND?“
- „Joah doch, gerade noch so.“
- „ALSO ICH MEINE DEN DUNKLEREN FLECK? DAS SCHEINT MIR FEUCHTIGKEIT ZU SEIN. DAS VERSTEHE ICH ABER NICHT GANZ, DAS IST JA EINE INNENWAND...“
- „Also ich bin jetzt erst das zweite Mal in der Wohnung, aber ist nicht auf der anderen Seite der Wand der Wasseranschluss für die Küche?“
- „JA, JA DAS KANN NATÜRLICH SEIN. DAS MÜSSEN WIR MAL PRÜFEN LASSEN. DAS WÜRDEN WIR DANN NATÜRLICH NOCH MACHEN, BEVOR SIE EINGEZOGEN SIND.“
„Na gut“, denke ich mir, besser man sieht es jetzt als später. Es vergehen knapp 3 Wochen, bis ich noch einmal angemeldet in der Wohnung erscheine, um ein paar Maße zu nehmen.
Ein Cyborg öffnet mir die Tür. Das dachte ich zumindest im ersten Moment.
Tatsächlich war es allerdings ein grauhaariger Mann in einem grauen Ganzkörper-Overall, inklusiver farblich passender Handschuhe und ...Schu...Fuß-Schuh...Schuhen für die Füße, einer Schutzbrille und einer Maske über den Mund, von welcher ein Schlauch zu einem Wagen und in die sich darin befindliche Sauerstoff-Flasche führt.
- „(zischen) HERR ANTHROP? (zischen)“
- „J...ja...“
- „(zischen) KOMMEN SIE REIN. (zischen)“
Ich folge dem seine Sauerstoff-Flasche ziehenden Mann und halte dabei instinktiv die Luft an. Wie lange ich das ernsthaft glaube durchhalten zu können frage ich mich, allerdings bin ich mir auch einfach noch nicht sicher, was hier in der Wohnung geschehen sein mag, nach so einer Begrüßung. Kurz bevor ich das Bewusstsein verliere entdecke i...
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